27.06.2005
Von der Gründung der Landeskirche bis zur Nazizeit

Nach dem Zusammenschluß der unterschiedlichen Territorialkirchen 1920 verabschiedete der erste Landeskirchentag (Synode) der Thüringer evangelischen Kirche 1924 eine Kirchenverfassung, die ihr das Profil einer parlamentarisch-synodal verfaßten Landeskirche gab.

Über demokratische Wahlen wurde die Zusammensetzung der Vertretungen auf Gemeinde-, Kirchenkreis und Landeskirchenebene aus verschiedenen kirchenpolitischen Richtungen bestimmt. Der erste Bischof, der bis 1933 Landesoberpfarrer hieß, war Wilhelm Reichardt (1920-1934).
1933 setzte ein deutsch-christlich dominierter Landeskirchentag Teile der Verfassung wieder außer Kraft und vollzog – wie viele andere Organisationen – seine eigene "Gleichschaltung". Die gesetzgebende Macht ging auf den deutsch-christlichen Landeskirchenrat über, der 1934 Martin Sasse zum Bischof und nach dessen Tod 1942 Hugo Rönck zum Kirchenpräsidenten berief.
Thüringen war eine Hochburg der Deutschen Christen, die unter dem Vorwand der Volksmission eine kirchenzerstörende Politik betrieben, die grundlegende reformatorische Überzeugungen missachtete. Die Lutherische Bekenntnisgemeinschaft unter Ernst Otto und Gerhard Bauer und später auch der Wittenberger Bund bekämpften die zahlreichen Irrlehren und Rechtsbrüche der Deutschen Christen.
Zu den Opfern der von der Landeskirche übernommenen rassistischen Gesetzgebung gehörte der Pfarrer Werner Sylten: Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde Sylten als Leiter des Mädchenheims in Bad Köstritz entlassen, 1936 in den Wartestand versetzt und 1941 im KZ Dachau inhaftiert. Sylten starb 1942 im KZ Hartheim.

Redaktion: Gesellschaft für Thüringische Kirchengeschichte

 

Weitere Literatur:
Ernst Koch: 75 Jahre Protestantismus in Thüringen 1921 - 1996; Beobachtungen zum Weg einer jungen mitteldeutschen Landeskirche. In: Blätter des Vereins für Thüringische Kirchengeschichte e.V. 7 (1997) Heft 1, S. 6-14

 

Download:
Ernst_Koch_75_Jahre_Thueringer_Landeskirche.pdf


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