Das Collegium Maius

Das Collegium Maius ist eines der bedeutendsten Kulturdenkmale der Stadt Erfurt. Als einstiger Hauptsitz der mit ihrem Gründungsprivileg von 1379 ältesten Universität im heutigen Deutschland steht es für das spätmittelalterliche Wissenschaftszentrum von europäischem Rang. Namhaftester Student und Lehrer war von 1501 bis 1505 Martin Luther. Er bezeichnete die Universität Erfurt als „meine Mutter, der ich alles verdanke“. 1505 trat Luther nach seinem Stotternheimer „Gewittererlebnis“ ins Erfurter Augustinerkloster ein, wo er als Mönch und Theologiestudent um die Grundeinsichten der Reformation zu ringen begann.

Die Vorgängergebäude des Collegium Maius‘ wurden vermutlich seit der Aufnahme des Lehrbetriebes 1392 von der Universität genutzt und ausgebaut. Hier trug sich auch „Martinus Ludher ex Mansfeldt“ 1501 in die Matrikel ein – erstes schriftlich belegtes Datum der Biografie des späteren Reformators. Während des „Tollen Jahres von Erfurt“ kam es im August 1510 während Kämpfen zwischen Studenten und Bürgern zur Zerstörung des Kollegs. Beim anschließenden Wiederaufbau erhielt es seine spätgotische Gestalt mit dem markanten Kielbogenportal.

Auch nach der Schließung der Universität 1816 behielt das Haus wichtige öffentliche Funktionen. So diente es u.a. der ehemaligen Universitätsbibliothek mit ihren wertvollen Beständen wie der Bibliotheca Amploniana. 1937 fand hier nach einer letzten Sanierung der 19. Deutsche Historikertag statt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Collegium Maius am 9. Februar 1945 von amerikanischen Fliegerbomben zerstört, womit das „lateinische Viertel“ der Alten Universität sein Herzstück verlor.

Bald entstanden unter Historikern, Denkmalpflegern und engagierten Bürgern Wiederaufbaupläne. Allerdings wurden in der DDR nur die Bauschmuckreste registriert und die Rekonstruktion des Portals im Lutherjahr 1983 realisiert. Nach der Friedlichen Revolution 1989 trieb die heutige Universitätsgesellschaft Erfurt den Wiederaufbau voran. 1999 konnte der Rohbau fertig gestellt werden, wobei man von der historischen Form des Daches abwich.

Das Ziel eines Repräsentationsbaus für die 1994 wiedergegründete Universität mit ihrem Campus am nördlichen Stadtrand wurde allerdings nicht erreicht. 2008 erfolgte der Verkauf durch die Stadt Erfurt an die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland. Nach umfassender Sanierung und Ergänzung durch einen Neubau dient das Collegium Maius seit 2011 als Landeskirchenamt der EKM. Damit hat das geschichtsträchtige Gebäude eine würdige Nutzung durch die Kirche Martin Luthers gefunden.

Universitätsgesellschaft Erfurt

Das Collegium Maius ist nicht nur ein herausragendes Kulturdenkmal, sondern steht auch für die Aufbruchstimmung der Friedlichen Revolution 1989 in der DDR. Besonders eng ist es mit der Universitätsgesellschaft Erfurt verbunden. Die 1987 als Interessengemeinschaft „Alte Universität Erfurt“ gegründete Bürgerinitiative hatte sich zwei Hauptziele gesetzt: Wiedergründung der Universität Erfurt und Rekonstruktion des Collegium Maius als deren ehemaliges Hauptgebäude.

Ihr erstes Ziel konnte die Gesellschaft 1994 mit der Wiedergründung der Universität erreichen. Seither fungiert sie als deren Fördergesellschaft und pflegt ihre reiche Tradition. Da sich das Land Thüringen für den Campus der Pädagogischen Hochschule im Norden der Stadt entschieden hatte, rückte das historische Hauptgebäude als Aushängeschild der Universität in der Altstadt in den Mittelpunkt der Bemühungen.

Das Collegium Maius, dessen Portal sich die Gesellschaft als Logo gewählt hatte, wurde darüber hinaus zu einem Symbol für den geistig-kulturellen Aufbruch in der Erfurter Bürgerschaft. Während der Friedlichen Revolution spielte die Universitätsgesellschaft eine wichtige Rolle. So organisierte sie u.a. die Menschenkette zum Schutz und Erhalt der Altstadt am 10. Dezember 1989. Universitäts- und Bürgerbewegung des Herbstes ‘89 waren eng miteinander verbunden.

Mit Straßenfesten, Spendensammlungen, Ausstellungen u.v.a. Aktivitäten trieb die Gesellschaft die Rekonstruktionspläne für das Collegium Maius voran. Nach der Errichtung des Rohbaus 1999 stifteten Erfurter Bürger die Fenster mit den Symbolen der vier Fakultäten der Alten Universität für den Festsaal. Auch nach dem Verkauf durch die Stadt und der Nutzung als Verwaltungssitz der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland blieb die Universitätsgesellschaft dem Collegium Maius eng verbunden. So organisiert sie seit 2011 gemeinsam mit dem Landeskirchenamt und der Evangelischen Stadtakademie „Meister Eckhart“ die beliebte Veranstaltungsreihe der Collegium-Maius-Abende.

Text: Dr. Steffen Raßloff

 


Mehr Fotos

Bombenangriff 1945  Foto: StadtA Erfurt 6-o/9E5_008 Seitenportal  Collegium maius Querformat (EKM Stephan Kurzke)  EKM/Stephan Kurzke