PM 146 | 02.10.2014
Ausstellung zum 25. Jubiläum der friedlichen Revolution in Altenburg
BEI RÜCKFRAGEN
Reinhard Kwaschik, 0170-4985707„Bis an die Grenzen – Freiheit und Reformation“
Von Bettlaken auf Dächern und Ansichtskarten als Protestmaterial
Eine Ausstellung zum Thema „Bis an die Grenzen - Freiheit und Reformation“ wird am kommenden Mittwoch (8. Oktober) in Altenburg eröffnet. Um 12.30 Uhr beginnt die Vernissage in der Taufkapelle der Brüderkirche. Bis zum 21. November wird mit der Ausstellung anlässlich des 25. Jubiläums der friedlichen Revolution auf anschaulichen Tafeln sowie symbolischen Litfass-Säulen über die Aktivitäten sowie die wirkenden Personen und Gruppierungen zur friedlichen Revolution in und um Altenburg berichtet. Zum Gedenken an die erste freie Groß-Demo in Altenburg vor 25 Jahren findet am 25. Oktober (18 Uhr, Brüderkirche) ein Forum statt.
Das Ausstellungs-Motto „Bis an die Grenzen“ soll bewusst mehrdeutig interpretiert werden, sagt Reinhard Kwaschik, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde. „Vor 25 Jahren haben Menschen aus Verantwortung für die Stadt und deren Einwohner versucht, die Grenzen des diktatorischen SED-Regimes zu erreichen. Es geht um die Grenzen des Zumutbaren für den Einzelnen in einem totalitären System, um die Grenzen, die mutige Altenburgerinnen und Altenburger bei ihrem friedlichen Kampf um Demokratie und Freiheit ausgereizt haben, um die Grenzen des Regimes sowie um die Grenzen der Motivation von Menschen in den letzten Wochen der friedlichen Revolution“, so Kwaschik.
Der Pfarrer hält die Erinnerung an das damalige Geschehen für sehr wichtig. „Das politische und gesellschaftliche Engagement der Akteure der friedlichen Revolution sollte uns stets gegenwärtig sein. Bürgerschaftliches Engagement ist der Motor einer funktionierenden Gesellschaft und wir alle tragen Verantwortung. Dass wir mit der Abgabe einer Stimme bei Wahlen diese Verantwortung nicht aus der Hand geben können, zeigen der mutige Einsatz vieler Menschen in der Zeit des politischen Umbruchs in der damaligen DDR sowie die Früchte der friedlichen Revolution. Die Menschen haben nicht länger zugesehen, sie haben gehandelt. Für die Stadt Altenburg und ihre Einwohner, aber letztlich auch für den politischen Umbruch in der DDR haben sie einen wesentlichen Beitrag geleistet“, betont Kwaschik.
Die ersten Initiativen zur friedlichen Revolution fanden in Altenburg Mitte der 1980’er Jahre statt. Die Einwohner wollten nicht mehr zusehen, wie ihre Stadt verfällt und verwahrlost; sie machten auf Umweltverschmutzung und damit verbundene Gesundheitsgefährdungen aufmerksam, zum Beispiel durch den Teersee Rositz, die Braunkohle-Industrie und den Uranbergbau in der Umgebung. Außerdem wurde dagegen protestiert, dass die Menschenrechte nichts galten, und die Bürger durch die politisch Verantwortlichen entmündigt und bevormundet wurden.
Zunächst gründeten sich eine Umwelt- und eine Friedensgruppe. Als Gemeinschaftsprojekt wurde im Magdalenenstift eine Umweltbibliothek eröffnet. Neben Aktionen mit regionalem Bezug wurden republikweite Kampagnen unterstützt. So legten im Sommer 1988 Umweltgruppen im ganzen Land zusammengewickelte Bettlaken auf Dächern aus. Die Laken wurden jede Woche um einen Teil aufgewickelt, nach vier Wochen eingesammelt und gemeinsam ausgestellt. So wurde extreme Umweltbelastung sichtbar gemacht, ohne Daten erheben zu müssen.
Am 1. September 1989 fand zum Weltfriedenstag ein Gedenkgottesdienst statt. Danach zogen vom Magdalenenstift etwa 100 Menschen zur katholischen Kirche und anschließend zur Brüderkirche. Dies war ein Vorläufer der Demonstrationen in Altenburg. Ein Schuldbekenntnis, symbolisch für alle DDR-Bürger, die in den vergangenen 40 Jahren den Kurs der DDR-Führung mitgetragen hatten, wurde ab dem 20. Oktober 1989 in den Fürbittgottesdiensten in den Altenburger Kirchen verlesen.
Am 25. Oktober 1989 fand die erste Großdemonstration in Altenburg statt. Es folgten Bürgerforen, unter anderem zur Sanierung der Altstadt. Im Protest gegen den Verfall der historischen Bausubstanz entwickelten die Altenburger viel Phantasie, zum Beispiel mit selbst hergestellten Ansichtskarten und Plakaten sowie mit Unterschriftensammlungen. Am 29. November 1989 gründete sich eine Regionalgruppe des Neuen Forums. Der „Runde Tisch“ tagte erstmals am 14. Dezember 1989 und letztmalig am 2. Mai 1990.
Weitere Informationen im Internet: www.evangelische-kirchgemeinde-altenburg.de