PM 089 | 13.07.2020
Gedenken an ermordete Pfarrer mit Aufruf zu Menschlichkeit
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Pfarrerin Karin Krapp, 03643-777341
Ökumenischer Gottesdienst im ehemaligen Konzentrationslager
Am kommenden Samstag (18. Juli) wird in Weimar mit einem ökumenischen Gottesdienst an die Ermordung des Pfarrers Paul Schneider vor 81 Jahren sowie des katholischen Priesters Otto Neururer vor 80 Jahren im Konzentrationslager (KZ) Buchenwald erinnert. Beginn ist um 10.30 Uhr auf dem ehemaligen Appellplatz der Gedenkstätte Buchenwald. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf dem 80. Todestag der katholischen Priester Otto Neururer und Matthias Spanlang, die ein Jahr nach Paul Schneider im Arrestzellenbau ermordet worden sind. Deshalb predigt Timo Gothe, katholischer Pfarrer von Weimar. Der Posaunenchor der Weimarer Kreuzkirche sorgt für die musikalische Umrahmung.
„Ich sehe das Gedenken als große Aufgabe für mich an“, sagt Karin Krapp, Pfarrerin am Evangelischen Gemeindezentrum „Paul Schneider“ in Weimar. So erfahre sie immer wieder, dass insbesondere Jüngere gar nicht mehr wüssten, wer Paul Schneider war. Zudem sei Erinnerung eine wichtige Präventionsarbeit für die Zukunft, „damit wir nicht aus dem Blick verlieren, was aus Hass und Intoleranz entstehen kann“. Das Erinnern ist für sie untrennbar verbunden damit, „dass wir auch heute ehrlich aufstehen gegen das Unrecht in unserer Welt, und ich sehe reichlich Anlass dafür“, sagt die Pfarrerin. „Vor unserer Haustür, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft Hass entgegenschlägt, aber auch weltweit, wo weiterhin Menschen in Lagern leiden, beispielsweise in China, als Flüchtlinge vor den Toren Europas, auf dem afrikanischem Kontinent, im Irak. Es reicht nicht, wenn wir nach Buchenwald für einen kurzen Moment des Erinnerns fahren und danach in Gleichgültigkeit gegenüber leidenden Menschen verfallen“, betont Karin Krapp. „Wie Paul Schneider sollten wir die Menschlichkeit in den Mittelpunkt rücken. Er hätte aus Buchenwald nach Hause zurückkehren können, aber er ist dort geblieben, wo ihn die Menschen gebraucht haben“, so die Pfarrerin.
Hintergrund:
Paul Robert Schneider (* 29. August 1897 in Pferdsfeld; † 18. Juli 1939 im KZ Buchenwald) war ein deutscher evangelischer Pfarrer und leistete als Mitglied der Bekennenden Kirche offensiv Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Im November 1937 wurde er in das KZ Buchenwald verlegt, wo er Zwangsarbeit verrichten musste. Als er bei einem Appell den Hitlergruß verweigerte, wurde er öffentlich mit Stockschlägen bestraft und in eine Einzelzelle des Arrestgebäudes gesperrt. Trotz schwerster Misshandlungen unterließ er es nicht, aus seinem Gefängnis heraus das Evangelium zu verkünden. So wurde er für seine Mitgefangenen zum „Prediger von Buchenwald“. Mehr als ein Jahr wurde Paul Schneider in der Zelle gefangengehalten und gequält, bis er am 18. Juli 1939 ermordet wurde.
Otto Neururer (* 25. März 1882 in Piller/Tirol, † 30. Mai 1940 im KZ Buchenwald) wurde 1938 von der Gestapo verhaftet und zunächst in das Gefängnis nach Innsbruck, dann in das KZ Dachau und später in das KZ Buchenwald gebracht. Auch dort wirkte er als Seelsorger, und als ein Mithäftling getauft werden wollte, begann er mit seinem österreichischen Mitbruder Matthias Spanlang trotz Verbotes den Glaubensunterricht. Als dies bekannt wurde, hängte man Neururer nackt und kopfüber an den Füßen auf, bis nach 34 Stunden der Tod qualvoll eintrat. 1996 wurde Otto Neururer von Papst Johannes Paul II. als Märtyrer seliggesprochen.
Von 1937 bis zum 11. April 1945 bestand auf dem Ettersberg bei Weimar das KZ Buchenwald, in dem über 250.000 Menschen inhaftiert waren. Mehr als 50.000 Menschen starben durch die mörderischen Arbeits- und Lebensbedingungen oder wurden von der SS willkürlich ermordet.
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