PM 55 | 04.04.2011
Gedenken an Stasi-Opfer Matthias Domaschk

Grußwort der Landesbischöfin, Filmvorführung und Punkrock
Zeitzeugen sollen mit jungen Leuten diskutieren

Die evangelische Kirche ist Mitveranstalter der Aktivitäten zum 30. Todestag des Stasi-Opfers Matthias Domaschk am kommenden Freitag (8. April) in Jena. So lädt die Junge Gemeinde Stadtmitte (Johannisstraße 14) zu einer Abendveranstaltung ein. Beginn ist um 18.30 Uhr mit Grußworten von Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), und Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Im Anschluss werden Filmdokumente aus der DDR-Zeit mit Kommentaren des Zeitzeugen Peter Rösch („Blase“) ge­zeigt. Mit Punkrock der Band „Gefahrenzone“ aus Saalfeld soll der Abend ausklingen.

Die Filmdokumente werden unter dem Thema „Matthias Domaschk und die Junge Gemeinde“ teilweise erstmals öffentlich gezeigt. Peter Rösch engagierte sich in der Offenen Arbeit der Jungen Gemeinde Jena. Er gehörte unter anderem zum Lesekreis der Jungen Gemeinde Stadtmitte, protestierte gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann und verweigerte den „Friedensdienst mit der Waffe“. 1981 wurde er zusammen mit Matthias Domaschk verhaftet. Die Band „Gefahrenzone“ ist zu DDR-Zeiten aus einer Jungen Gemeinde in Saalfeld hervorgegangen und hat ebenfalls „Zeitzeugen-Charakter“.

Henning Pietzsch hat die Veranstaltung als Projektleiter der Geschichtswerkstatt Jena mit vorbe­reitet. Seine Beweggründe: „Zwei Sichtweisen prägen heute die Darstellung von Domaschk: Ei­nerseits gilt er im christlichen Raum als Märtyrer und andererseits als normaler Typ, der Opfer der Willkür des MfS wurde. Wir wollen erneut über sein Leben und seinen Tod berichten sowie die Rolle der evangelischen Kirche in dieser Zeit hinterfragen. Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen, in einem würdigen Rahmen an Domaschks Schicksal im SED-Staat zu erinnern“.

Die Vertreter von Institutionen und Kirche sowie Politiker sollen mit Zeitzeugen und Gästen ins Gespräch kommen. Pietzsch erhofft sich dadurch auch Denkanstöße für die heutige Zeit: „Einer­seits erwarten wir viele Zeitzeugen, die sich noch sehr gut an die Diktatur der DDR erinnern kön­nen. Andererseits werden junge Leute kommen, die unzufrieden mit unserer heutigen Demokratie sind. Dadurch rechnen wir mit spannenden Diskussionen“.

Die Gedenk-Aktivitäten am 8. April beginnen bereits um 13.30 Uhr im Matthias-Domaschk-Hör­saal des Uniforums (August-Bebel-Straße 4). Nach der Begrüßung durch den Schirmherrn, Ober­bürgermeister Dr. Albrecht Schröter, hält der ehemalige Jenaer Siegfried Reiprich, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, einen Vortrag zum Thema „Opposition und Wider­stand in der SED-Diktatur“. Um 15 Uhr wird der Dokumentarfilm „Tod im Stasiknast. Warum starb Matthias Domaschk?“ gezeigt.

Eine Lesung mit Renate Ellmenreich zum Thema „Matthias Domaschk und der Jenaer Wider­stand“ schließt sich um 15.30 Uhr an. 16.30 Uhr ist eine Gesprächrunde mit den Zeitzeugen Renate Ellmenreich, Peter Rösch, Roland Jahn, Thomas Auerbach und Frank Rub geplant. Thema: „Wer war Matthias Domaschk – Märtyrer oder ganz normaler Typ?“. Am 12. April (16 Uhr) wird auf dem Nordfriedhof Jena das neu gestaltete Ehrengrab für Matthias Domaschk eingeweiht.

Hintergrund:
Am 12. April 1981 kam Matthias Domaschk unter bis heute ungeklärten Umständen in der Unter­suchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Gera ums Leben. Laut offi­zieller Version des MfS beging er Suizid. Das wird von Freunden bis heute stark bezweifelt. Im Jenaer Stadtteil Lobeda-West ist eine Straße nach Matthias Domaschk benannt. Zwei aus der DDR-Opposition hervorgegangene Archive, die sich der Aufarbeitung der SED-Diktatur verschrieben haben, tragen seinen Namen: Das Matthias-Domaschk-Archiv der Robert-Have­mann-Gesellschaft in Berlin und das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ in Jena.

Weitere Informationen im Internet: www.geschichtswerkstatt-jena.de

RÜCKFRAGEN

Henning Pietzsch, 03641-821235

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