PM 61 | 30.06.2005
Kirche und Diakonie kritisieren Thueringer Familienoffensive

Bischof Kähler: „Kindergärten nicht auf Betreuung reduzieren“
Evangelische Kirche und Diakonie kritisieren Thüringer Familienoffensive

Massive Einschnitte bei der Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten befürchten die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen und die Diakonie Mitteldeutschland mit dem von Ministerpräsident Dieter Althaus im April angekündigten Familienfördergesetz.

Nach den Plänen soll das Erziehungsgeld des Landes in Höhe von monatlich 150 Euro unabhängig vom Bundeserziehungsgeld für Kinder im dritten Lebensjahr zukünftig einkommensunabhängig und damit allen Eltern gewährt werden. Damit sollen Eltern in die Lage versetzt werden, Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder selbst zu wählen. Außerdem soll die Finanzierung der Kindertagesstätten umgestellt werden. Die Finanzierung von Personalkosten soll durch eine monatliche Pauschale an die Kommunen von 100 Euro pro Kind im Alter zwischen drei und sechseinhalb Jahren abgelöst werden. Damit will das Land das familienpolitische Engagement der Kommunen stärken. Das Land schätzt die Kosten hierfür auf insgesamt 73 Millionen Euro jährlich.

Nach Berechnungen von Kirche und Diakonie läuft dieses Konzept auf eine Reduzierung der Landesmittel für Kindertagesstätten um mehr als ein Drittel hinaus. Dies führe unweigerlich zu einer Erhöhung von Elternbeiträgen. Eine Modellrechnung habe ergeben, dass Eltern, die ihr Kind im Kindergarten betreuen lassen, 40 Euro im Monat mehr aufwenden müssten. Damit werde die Zukunft von Kindergärten in Frage gestellt. Solle die Erhöhung des Elternbeitrages umgangen werden, bliebe nur noch eine Absenkung des Standards für die Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder. „Europaweit wird die Bildungsaufgabe von Kindertagesstätten diskutiert. Wir befürchten, dass Kindergärten mit dem neuen Finanzierungsmodell zu stark auf Betreuungseinrichtungen reduziert werden könnten“, so Christoph Kähler, Landesbischof der Thüringer Landeskirche. „Die Stärkung von Familien und das Ziel, gleiche Bildungschancen zu sichern, dürfen bei der Förderpolitik nicht gegeneinander stehen.“

Mit Unverständnis reagieren Kirche und Diakonie darauf, dass die Eckpunkte für ein neues familienpolitisches Konzept nicht mit den Wohlfahrtsverbänden in einem moderierten Prozess diskutiert werden. So seien viele Fragen offen, darunter die Finanzierung von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Alter bis zu zwei Jahren und die finanzielle Absicherung für die Integration behinderter Kinder. Dies führe zu großen Verunsicherungen bei Eltern, den Trägern von Kindertagesstätten und Familienverbänden. Erwartet werde ein offener und gemeinsam mit den Betroffenen geführter Dialog. Grundsätzlich befürworten Kirche und Diakonie alle Maßnahmen, die zur Stärkung von Eltern und Familie beitragen.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen und die Diakonie in Mitteldeutschland betreiben in Thüringen 183 Kindertagesstätten, die von rund 8.000 Kinder besucht werden.

Bei Rückfragen:
Marita Leyh, Referentin für Kindertagesstätten, Diakonie in Mitteldeutschland, 03691-810 315 oder 0160-94756885


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