PM 178 | 03.12.2014
Kirchen klagen wegen Baulasten gegen Thüringer Kommunen

Bestehen kommunale Kirchenbaulasten in Thüringen noch?
EKM will gerichtliche Klärung und geht notfalls bis nach Karlsruhe
Erste Klagen werden am 5. Dezember eingereicht

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wird am kommenden Freitag (5. Dezember) Klage gegen die Gemeinde Hochheim (Landkreis Gotha) beim Verwaltungsgericht Weimar einreichen, um Ansprüche aus einer kommunalen Kirchenbaulast gerichtlich klären zu lassen. Gleichzeitig wird das katholische Bistum Fulda eine Klage in einem ähnlichen Fall gegen die Gemeinde Geisa anstrengen. Das Vorgehen ist zwischen den beiden Kirchen sowie der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck als gemeinsame Initiative abgesprochen. Die Kirchen wollen damit grundsätzlich überprüfen lassen, ob die kommunalen Baulastansprüche der Kirchen in den östlichen Bundesländern trotz ablehnender Gerichtsentscheide aus den vergangenen Jahren dennoch weiterhin bestehen.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig vom 11. Dezember 2008, nachdem vertragliche Baulastansprüche von Kirchengemeinden gegen Kommunen im Beitrittsgebiet mit der deutschen Einheit „untergegangen“ seien. Das Urteil sei seinerzeit auf einen Einzelfall hin ergangen. Dies könne, so kritisieren die Kirchen, nicht auf die kommunalen Kirchenbaulasten insgesamt übertragen werden und sei auch mit den verfassungsmäßig geschützten Rechten der Kirchen nicht vereinbar. Für eine Überprüfung wollen die Kirchen nunmehr mit verschiedenen Fallkonstellationen den Klageweg, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht, beschreiten.

„Der Fall Hochheim gibt uns endlich Gelegenheit, die Rechtslage zu den Baulasten gemeinsam mit den anderen Kirchen in Thüringen abschließend zu klären“, so Oberkirchenrat Stefan Große, Finanzdezernent der EKM. Hier gehe es um eine notwendige Schwammsanierung im Kirchengebäude, für die Baulastansprüche der Kirchengemeinde Hochheim in Höhe von 4.500 Euro geltend gemacht werden. Die Kommune verweigert die Zahlung, so dass sich eine Klagemöglichkeit ergibt. Die Einreichung der Klage ist der Kommune angekündigt. Zudem hat es mit Land und Bund über das Vorgehen Gespräche gegeben.

Neben der EKM und dem Bistum Fulda prüft derzeit auch die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, sich den Musterprozessen mit einem geeigneten Fall anzuschließen.

„Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Baulasten kann aus unserer Sicht nicht das letzte Wort sein“, so Große. „Sollten die Baulastverpflichtungen auf den DDR-Staat übergegangen und die Kommunen von der Pflicht entbunden sein, müssen gegebenenfalls der Bund oder die Länder den Verpflichtungen nachkommen.“ Hierzu seien beispielsweise in Hessen vernünftige politische Lösungen gefunden worden, die als Modell dienen könnten. Im Nachbarland Hessen waren die kommunalen Kirchenbaulasten durch die Kommunen, durch das Land Hessen und durch teilweisen Forderungsverzicht der Kirchen abgelöst worden

Hintergrund: Kommunale Kirchenbaulasten
Die Rechtsgrundlagen für kommunale Kirchenbaulasten sind vielfältig. Oft sind sie eine Folge der Trennung von politischer und kirchlicher Gemeinde Mitte des 19. Jahrhunderts. Dabei wurde auch das Vermögen, oft Ländereien, aufgeteilt. In vielen Fällen waren die Kirchengemeinden dann nicht mehr oder kaum noch in der Lage, die Kirchen- und Pfarrgebäude zu erhalten. Mitunter besaßen Kirchengemeinden von Anfang an kein Vermögen zum Erhalt von Gebäuden, da dies mit dem Bau der Kirche in die Verantwortung der gesamten Einwohnerschaft eines Ortes gegeben worden war. Zum Ausgleich dafür übernahmen die politischen Gemeinden bauliche Unterhaltungspflichten – die kommunalen Kirchenbaulasten.

Kommunale Kirchenbaulasten bestehen nicht nur in den neuen, sondern auch in den alten Bundesländern. Sie waren in einigen Fällen auch schon Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung und sind dort in ihrem Bestand auch im Lichte des Grundgesetzes grundsätzlich anerkannt.

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2008 war die Revision der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen zurückgewiesen und die Auffassung der Vorinstanz bestätigt worden. Die Thüringer Landeskirche hatte gegen die Weigerung der Stadt Hildburghausen, ihre vertraglich begründeten Kirchenbaulasten als verpflichtend anzuerkennen, vor dem Verwaltungsgericht geklagt, war aber in zwei Instanzen unterlegen. Daraufhin hatte sie Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt.

RÜCKFRAGEN

Oberkirchenrat Stefan Große, 0361-51800-501 oder 0162-2148172; Kirchenrätin Sabine Schulze, 0361-51800-511 oder 0162-2048557

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