PM 098 | 05.11.2018
Landesbischöfin: „Religion gehört in die Öffentlichkeit“
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Susanne Sobko, 0162-2048755
Interreligiöser Dialog und Stützen der Demokratie als Herausforderung
Religion gehört in die Öffentlichkeit, betont Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), beim heutigen Ökumenischen Hochschulempfang zum Thema „Die Rolle der Religionen an den Hochschulen“ im Erfurter Dom. Damit gehöre Religion auch an die Universitäten als öffentliche Orte, sagt die Landesbischöfin, wobei kritische Reflexion sehr wichtig sei, um das Verkümmern zum religiösen Verein sowie totalitäre Ansprüche zu verhindern. Als aktuelle Herausforderungen nennt sie den interreligiösen Dialog, „der geführt werden muss“, sowie die Krise der Demokratie und die Frage, „wie wir diese immer noch beste aller Herrschaftsformen stützen und fortentwickeln können“.
Ilse Junkermann hält eine Replik zum Vortrag „Friedensstifter oder Spaltpilze – Zur Rolle der Religionen an den Hochschulen“ von Prof. Ansgar Hense. Es sei für den religiös-weltanschaulich neutralen Staat nicht sinnvoll, das Religiöse aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, so die Landesbischöfin. Deshalb müsse der Staat auch daran interessiert sein, dass religiöse Bindungen in der Wissenschaft verankert sind und im öffentlichen Diskurs ihre Relevanz erweisen müssen, ebenso wie ihre soziale Verträglichkeit, so dass ihr Dienst am Gemeinwesen nachprüfbar bleibe. Werde Religion aus der Öffentlichkeit verdrängt, „müssen wir genauer hinschauen, denn dort wird sie zuweilen gefährlich, dort entsteht deutlich leichter als in der Öffentlichkeit ein totalitärer Anspruch“, so Junkermann. Jede Religion brauche Öffentlichkeit. „Wenn sie sich abschließt, verkümmert sie zu fundamentalistischem Einzelgängertum, kann sie Konflikte mit ihrer Umwelt nach innen wie nach außen nur mit Gewalt lösen.“
Insofern leisteten die Hochschulen dem zur Neutralität verpflichteten Staat einen wichtigen Dienst, wenn Kirche und Theologie hier ein Zuhause fänden. Vorausgesetzt dass Theologie kritisch betrieben werde, eingeschlossen den Diskurs mit den anderen Wissenschaften. Kirche habe ein genuines Interesse an einer Reflexion von Glauben und Religion an sich, eingeschlossen der christlichen. „Ohne eine solch wissenschaftliche und damit immer kritische Reflexion verkümmern wir im besten Fall zu einem religiösen Verein, enden schlimmstenfalls in selbstgerechtem Fundamentalismus“, sagt die Landesbischöfin.
Die „Zwei-Regimente-Lehre Luthers“ hält sie für sinnvoll im Festhalten daran, dass Rathaus und Kirche unterschiedliche Aufgaben, Wirkungsweisen und Ziele haben und darin jeweils ernst genommen werden. „Sie verhindert eine Vermischung der Verantwortungsbereiche und garantiert zugleich den Freiraum für den jeweils anderen.“ Missverstanden werde sie dort, wo zwei völlig verschiedene, voneinander unabhängige Bereiche gefordert werden. „Wir verstehen uns als Teil des Gemeinwesens. Und leben unsere Religion, unseren Glauben sowohl in diesem Raum als auch im Dienst an diesem Gemeinwesen“, so die Landesbischöfin.
Als Grundsätze von Kirche beziehungsweise Christinnen und Christen im öffentlichen Leben und damit auch von Hochschulen nennt sie unter anderem Loyalität gegenüber allen staatlichen Organen und deren Unterstützung, das Übernehmen öffentlicher Verantwortung, das Mitgestalten des öffentlichen Raums, den Einsatz für christliche Grundorientierungen und das Gespräch mit anderen Religionsgemeinschaften im toleranten Diskurs. Als wichtige christliche Beiträge für Hochschulen nennt Ilse Junkermann unter anderem den Hochschulbeirat, die Hochschulseelsorge, die Begleitung ausländischer Studierender und die Ausgabe von Stipendien.
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