PM 016 | 22.02.2024
„Lied der Nachtigall“ eines Ornithologen als pränataler Dadaismus?
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Bernd Kramer, 036202-90595
Vortrag über Gedicht und internationalen Kongress in Thüringen
Zu einem Vortrag „Stammt der Dadaismus aus Thüringen?“ mit „historischen Fakten und akrobatischen Rezitationen“ von und mit Michael von Hintzenstern wird am 28. Februar (20 Uhr) im Rahmen der Vortragsreihe „Kultur im Pfarrhaus“ in die Menantes-Literaturgedenkstätte im Kulturpfarrhof Wandersleben eingeladen. Der Menantes-Förderkreis der evangelischen Kirchengemeinde Wandersleben als Veranstalter kündigt ein Programm vom „Lied der Nachtigall“ (Waltershausen, 1822) bis zum „Internationalen Kongress der Dadaisten“ (Weimar 1922) an.
Michael von Hintzenstern nimmt das Gedicht „Das Lied der Nachtigall“ als Ausgangspunkt für die Frage, ob der Dadaismus wirklich erst 1916 im Cabaret Voltaire in Zürich seine Geburtsstunde erlebte. „Was der 1757 in Waltershausen geborene Ornithologe Johann Matthäus Bechstein, Adoptivvater des Schriftstellers Ludwig Bechstein, hier zu Papier gebracht hat, ähnelt in frappierender Weise den Wortlautschöpfungen eines Hugo Ball oder Kurt Schwitters“, kommentiert er. Dennoch dürften die Autoren unterschiedliche Intentionen gehabt haben, so sein Fazit. Schließlich handele es sich beim „Lied der Nachtigall“ um ein besonders schönes Beispiel der Onomatopoesie – der sprachlichen Nachahmung außersprachlicher Schallereignisse. Johann Matthäus Bechstein, „Vater der Vogelkunde“ genannt, habe hierbei in minutiöser Weise versucht, den „Gesang“ einer Nachtigall verbal aufzuzeichnen. „Er versuchte das Wiederholen und Fortspinnen einzelner Motive, deren Vielfalt verzaubert. Pränataler Dadaismus? Auf jeden Fall ein Vorbote der Laut-Poesie“, so von Hintzenstern.
Er spannt den Bogen weiter ins Jahr 1922, als sich in Weimar „die Speerspitze der europäischen Avantgarde“ zum „Internationalen Kongress der Dadaisten und Konstruktivisten“ getroffen habe, darunter der Schöpfer der „Sonate in Urlauten“ Kurt Schwitters.
Michael von Hintzenstern (* 29. Februar 1956 in Eisenach) ist Musiker, Komponist, Autor und Journalist. Er engagiert sich unter anderem als Präsident des Vereins Klang Projekte Weimar, als Organist und Kurator der „Konzerte an der Liszt-Orgel Denstedt“ und diverser Konzertzyklen und er war Künstlerischer Leiter der „Tage Neuer Musik in Weimar“. Hinzu kommt seine rege Konzerttätigkeit als Solist und mit verschiedenen Ensembles. Seit 1994 ist Michael von Hintzenstern Mitglied des Präsidiums des Landesmusikrates (LMR) Thüringen, zu dessen Gründern er 1990 gehörte. Er wurde mit dem Preis des Internationalen Kompositionswettbewerbs in Boswil/Schweiz sowie dem Weimar-Preis der Stadt Weimar als Dank und Anerkennung ausgezeichnet für sein „engagiertes Wirken auf dem Gebiet der zeitgenössischen, experimentellen und intuitiven Avantgardemusik“ ausgezeichnet.
Anfang „Das Lied der Nachtigall“:
Tiuu, tiuu, tiuu, tiuu,
Spe tui squa
Tio, tio, tio, tio, tio, tix
Qutio, qutio, qutio, qutio,
Zquo, zquo, zquo, zquo
Hintergrund: In den 1990er Jahren gründete Pfarrer Bernd Kramer die Vortragsreihe „Kultur im Pfarrhaus“. Daraus entwickelte sich ein Förderkreis um die Vorsitzenden Cornelia Hobohm und Bernd Kramer mit der Idee, den in Wandersleben geborenen Barockdichter Christian Friedrich Hunold mit dem Pseudonym Menantes besonders zu würdigen. Hunold veröffentlichte zum Beispiel Liebesromane und -gedichte und war Librettist zahlreicher Komponisten seiner Zeit. Unter anderem arbeitete er mit Johann Sebastian Bach zusammen. 2003 wurde ein Denkmal für den Dichter eingeweiht und 2005 eröffnete die Menantes-Literaturgedenkstätte im Pfarrhof Wandersleben.
Weitere Informationen im Internet: www.menantes-wandersleben.de
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