PM 33 | 07.06.2005
Osterwort von Landesbischof Christoph Kaehler

Osterwort von Landesbischof Christoph Kähler
Mit der Ostererfahrung die Frage stellen: „Wie wollen wir leben?“

Christoph Kähler, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, äußert sich zum bevorstehenden Osterfest:

„Ostern liegt ziemlich früh in diesem Jahr. Gerade erst sind Strom und Bäche vom Eise befreit. Und im Tale grünet Hoffnungsglück. Endlich! Die Natur legt uns die Osterbilder zurecht. So sind wir versucht, es dabei zu belassen. Ostern aber ist mehr: Christen feiern die Auferstehung Jesu. Sie feiern die Durchbrechung all dessen, was als normal gilt, was quer zur Alltagserfahrung steht. Die politisch Verantwortlichen wollten Jesus endgültig ausschalten. Das ist ihnen nicht gelungen. Die Jünger Jesu erfahren, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Sie begegnen Jesus neu. Aber das sieht nur der, der seine alten Ideale und alten Wünsche beiseite lassen kann. Dieser Mensch kann dann neue überraschende Perspektiven gewinnen.

Keine Wende kommt ohne das Eingeständnis des Scheiterns aus. Das gilt für Partnerschaften. Das gilt für die Politik. Das gilt für die zweite Chance eines Straffälligen genauso wie für das Überwinden des Schweigens zwischen Eltern und Kindern. Ostern kann uns erwachen lassen. Wir können uns selbst kritischer sehen und so über die Schwelle der Hoffnungslosigkeit kom-men. Auch in der gesellschaftlichen Misere, in der wir uns in Deutschland gegenwärtig befinden, muss das Versagen kritisch reflektiert werden. Und von da aus brauchen wir die Vision, dem Frieden, der Gerechtigkeit und der Nachhaltigkeit näher zu kommen. Nur wie?

Politische Entscheidungen folgen oft der Frage: Was wird sein, wenn es so weitergeht wie bisher? Die Ostererfahrung ermutigt, die Frage anders zu stellen: Wie wollen wir wirklich leben? - Wie alt sollen junge Eltern sein? Wie gebildet wollen wir sein, wieviel dafür bezahlen? Worauf können wir verzichten? Nehmen wir die klimatischen Veränderungen und ein wachsendes Katastrophenpotential einfach hin? Nein? Wie mutig werden die Konsequenzen sein? Wie viel Grün wollen wir erhalten? Wieviel Stille schenken wir uns? Welche finanziellen Lasten sind unseren Kindern zumutbar? Welche den Enkeln? Wie wollen wir leben?

Noch einmal: Das christliche Ostern und das Frühlingserwachen oder die weltliche Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung werden wir kaum auf einen Nenner bringen. Aber der Glaube an den, der ein für allemal den Tod überwunden hat, kann Teufelskreise aus Resignation und Ausweglosigkeit empfindlich stören. Das kann auch politische Konsequenzen haben. Ich wünsche uns fröhliche und ermutigende Ostererfahrungen.“

Bei Rückfragen:
Ralf-Uwe Beck, Pressesprecher, 03691-212887 oder 0172-7962982


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