PM 99 | 17.08.2010
Riesiges Luther-Banner in 30 Metern Höhe vom Apoldaer Kirchturm entrollt
BEI RÜCKFRAGEN
Felix Leibrock, 0170-4746123Kirchengemeinde veranstaltet im Jahr 2017 ein Luther-Spiritual
Technische Innovationen von Thüringer Wissenschaftlern sind eingeplant
In der thüringischen Kleinstadt Apolda sollen zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017 zehntausende Gäste aus der ganzen Welt mit einem kulturellen Großereignis angelockt werden: Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde will in der Lutherkirche ein Luther-Spiritual aufführen. Dafür wird die Kirche zum Theater umgebaut. Technische Innovationen in Licht und Ton von Wissenschaftlern aus Thüringen sollen das Stück bereichern. Um auf das Projekt aufmerksam zu machen, wurde heute mittag ein riesiges Banner mit einem Bild Martin Luthers vom Kirchturm entrollt.
Um das Banner aufhängen zu können, hatte die Freiwillige Feuerwehr aus Apolda einen Aufsehen erregenden Einsatz. Die Drehleiter musste ausgefahren werden, damit Küster Roberto Bergmann und Jugendwart Christian Mende von der Kirchengemeinde den Kirchturm in dreißig Metern schwindelerregender Höhe erreichen konnten. Wegen des schlammigen Bodens hatte sich das Vorhaben zunächst verzögert. Das Luther-Banner ist 5 mal 7,70 Meter groß und zeigt den Reformator im offiziellen Logo "Luther 2017". Nicht nur die Apoldaer und ihre Gäste können es wahrnehmen, sondern auch täglich tausende Zugreisende, da die Kirche von der ICE-Strecke zu sehen ist.
"Wir machen Apolda zur Lutherstadt, obwohl Luther sich hier wahrscheinlich selbst nie aufgehalten hat", sagt der Journalist und Medien-Produzent Willi Wild. Er hatte die Idee zu dem Spiritual gemeinsam mit Felix Leibrock, Pfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Ansatzpunkt war die Apoldaer Lutherkirche. Ihren Namen verdankt sie nicht nur der Luther-Statue am Eingang sondern auch baulichen Besonderheiten, die den Lehren des Reformators entsprechen, wie die von allen Seiten sichtbare Kanzel.
Da die Kirche mit 1200 Plätzen heute viel zu groß für den kirchlichen Alltag ist, kam die Idee ei-ner zusätzlichen Nutzung auf. Ein Stück über Luthers Leben aufzuführen, hält der Pfarrer für naheliegend in dem Ort in der Mitte zwischen den Lutherstätten Eisenach, Möhra, Erfurt, Stotternheim und Jena in Thüringen sowie Eisleben, Halle und Wittenberg in Sachsen-Anhalt.
Dafür wird die 1894 eingeweihte Kirche entkernt und zum Theater umgebaut. Die Architektur soll Historie und Moderne kunstvoll miteinander verbinden. Diese Symbiose ist den Organisatoren bei dem gesamten Projekt wichtig -- alte und neue Musik werden gemixt, technische Innovationen sind eingeplant. So soll die vom Ilmenauer Fraunhofer Institut entwickelte Delta-Stereofonie dank einer speziell für die Kirche angefertigten Konstruktion zum Einsatz kommen. Eine in Gera und Jena entwickelte neue Laser-Display-Technologie soll das Bühnenbild virtuell entstehen lassen.
Dass Musik und Licht auf solch einzigartige Weise Einzug in die düstere Kirche halten, ist für Felix Leibrock auch ein symbolischer Akt. Er verspricht sich Denkanstöße: "Wir verbinden technische mit inhaltlichen Innovationen und bieten ein Modell für die Kirche der Zukunft". Denn das kirchliche Leben soll hier weiterhin stattfinden, ebenso sind zusätzliche kulturelle Angebote wie Film-Aufführungen eingeplant. Der Pfarrer hält das für sehr wichtig in einer Region, die vom Ausbluten bedroht ist. "Die Kirche soll ein Zentrum sein, wo sich die Menschen treffen können. Gleichzeitig werden hier Arbeitsplätze geschaffen", beschreibt er seine Vision. In der Kirche soll außerdem kritisch thematisiert werden, dass sie in der Zeit des Nationalsozialismus eine Hochburg der "Deutschen Christen" war.
Zunächst beziehen sich die Planungen auf das Musical über den Reformator Martin Luther (1483-1546). Es soll auf künstlerische Weise an das "welthistorische und ökumenische Großereignis" des Thesenanschlags erinnern, so der Wunsch des Gemeindekirchenrates. Gleichzeitig sollen damit Hemmschwellen abgebaut und kirchenferne Menschen auf die biblische Botschaft neugierig gemacht werden. "Kernaussage wird die Annahme des Menschen durch Gott unabhängig von irdi-schen Instanzen und Autoritäten. Diese Botschaft soll den Besuchern auf unterhaltsame Weise mit eingängigen Melodien, Kostümen, Bühnenbildern und Lichteffekten nahe gebracht werden", erklärt Felix Leibrock.
Die Gemeinde rechnet mit bis zu 50.000 Besuchern, denn Tourismus-Experten sehen zum 500jährigen Jubiläum von Luthers Thesenanschlag ein großes Potenzial für religiös motivierte Reisen. Das Stück soll Ostern 2017 auf die Kirchenbühne kommen und zunächst bis zum Jahresende gespielt werden. Die Stadt Apolda hat ihre Unterstützung zugesagt, zumal das Event die für 2017 in der Stadt geplante Landesgartenschau bereichern könnte.
Pfarrer Felix Leibrock hat bereits mit mehreren medienwirksamen Aktionen auf das Projekt aufmerksam gemacht und dafür Spenden gesammelt. So war er von Apolda nach Worms gelaufen, und hatte in Luther- und Reformationsstädten Straßenmusik gemacht. Der 50-Jährige wohnt in Weimar, ist neben seiner Tätigkeit als Pfarrer in Apolda auch Studienleiter an der Evangelischen Akademie in Wittenberg sowie Autor zahlreicher Bücher und Vorsitzender des Fördervereins Lutherkirche Apolda. Von 2002 bis 2007 war er Stadtkulturdirektor in Weimar.
Bilddateien vom Entrollen des Luther-Banners zum Download und zum kostenfreien Abdruck:
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lutherkirche01.jpg
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