PM 092 | 27.07.2022
Seit 15 Jahren werden Bildungspatenschaften in Ruanda organisiert

Lange Warteliste für Kinder, die dringend Hilfe brauchen

In diesem Jahr feiert das Bildungspatenschafts-Projekt des Ökumenischen 1Welt-Kreises im Erbstromtal das 15-jährige Jubiläum. Zurzeit werden 75 Mädchen und Jungen von 68 Paten aus Deutschland, Norwegen, Mexiko, der Schweiz und den USA durch eine Bildungspatenschaft unterstützt. Zu den Paten gehören neben Privatpersonen drei Schulen und zwei Betriebe. Seit 2007 haben 41 Jugendliche dank der Patenschaft erfolgreich eine Berufsausbildung beziehungsweise ein Studium abgeschlossen. Weitere Paten werden dringend gesucht, da es eine lange Warteliste von Kindern gibt. Kontakt: https://ecu1wk.wordpress.com/.

Im Februar 2007 entstand die Idee für das Vorhaben bei einer Tagung mit Pädagogen, zu der Mitglieder des 1Welt-Kreises nach Kigali in Ruanda eingeladen waren, berichtet Pfarrer Gerhard Reuther aus Ruhla. In dem afrikanischen Land waren beim Massaker an den Tutsis im Jahr 1994 in nur 100 Tagen mehr als 800.000 ruandische Männer, Frauen und Kinder brutal ermordet worden. „Viele Kinder und Jugendliche leiden unter den Nachwirkungen. Wir diskutierten, wie man ihnen helfen kann. Schnell war klar, dass Bildungspatenschaften ein wichtiges Hilfsmittel dazu sind“, so Reuther.

Im Gemeindekreis wurde entschieden, neben der zeitlich und inhaltlich begrenzten Unterstützung von weltweiten Projekten in Ruanda ein entsprechendes Programm zu betreiben. Geholfen wird durch die Übernahme von Schulgeld, medizinischen Kosten und erzieherischen Materialien.
Begonnen wurde mit der Übernahme einer Patenschaft für zwei gehörlose Schülerinnen durch ein Ehepaar aus Ruhla. Mittlerweile sind viele Paten daraus geworden. „Doch die Liste der Kinder, die noch auf eine solche Chance warten, ist lang. Paten sind oft der einzige Lichtblick für sie“, betont Reuther. Im Vergleich zu manchen anderen Programmen sieht er hier den Vorteil darin, dass das Geld komplett den Patenkindern zugutekommt und ein persönlicher Kontakt möglich ist.

Der Pfarrer war im Mai 2022 zum neunten Mal in Ruanda. Auch mehrere Paten besuchten ihr Patenkind im Lauf der Jahre. Das Projekt wird von zwei ehrenamtlichen ruandischen Mitarbeiterinnen in Ruanda geleitet: Laurette Mushimiyimana und Berthilde Musabyemariya.

Im Herbst soll anlässlich des Jubiläums ein Patenschaftstreffen stattfinden: Am 8. Oktober um 16 Uhr, um 19 Uhr schließt sich ein Benefizkonzert an, unter anderem mit dem Gitarristen Libor Fišer (Gitarre).

Weitere Informationen im Internet: https://ecu1wk.wordpress.com/

Hintergrund:
Den Ökumenischen 1Welt-Kreis im Erbstromtal gründete Pfarrer Gerhard Reuther im Jahr 2005 unter dem Dach der Evangelischen Kirchengemeinde Ruhla. Zu dem Kreis gehören Gemeindeglieder aus mehreren evangelischen und der katholischen Kirchengemeinden des Erbstromtales und darüber hinaus. Die Mitglieder arbeiten ausschließlich ehrenamtlich, erhalten also keine Vergütung. Der 1Welt-Kreis ist für jeden Interessenten offen, unabhängig von der Weltanschauung. Als Ziele nennt Reuther „die Unterstützung kleiner Projekte auf unserer einen Welt, die überschaubar und transparent sind, damit Hilfe nachvollziehbar bleibt“. Besonders unterstützt würden Projekte, die sich dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ verpflichtet fühlen, sowie die Menschen anderer Länder näher bringen. Wichtig sei es, dass persönliche Kontakte zu Mitarbeitern des jeweiligen Projektes gepflegt werden.

Zitat eines Patenkindes:
„Ich habe jetzt eine Vision von meiner Zukunft. Ich danke Gott für die Begegnung mit dem Eine-Welt-Kreis. Ich finde keine Worte, um euch zu danken.“

 

Von Ruhla nach Ruanda: Bildungsprojekt feiert 15-jähriges Bestehen

epd-Gespräch: Von Matthias Thüsing

Erfurt/Ruhla (epd). Die Ruanda-Hilfe des Eine-Welt-Kreises im thüringischen Ruhla (Wartburgkreis) kümmert sich seit 15 Jahren im benachteiligte Jugendliche in dem zentralafrikanischen Land. Es sei die Idee gewesen, den ärmsten Opfern des Völkermordes von 1994 durch Vermittlung von Bildung eine Perspektive für das weitere Leben zu eröffnen, sagte Initiator und Pfarrer Gerhard Reuther am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bis heute habe das Projekt 173 Kinder und Jugendliche über die Vermittlung von Patenschaften betreut. In bislang 41 Fällen konnte die Betreuung nach Begleitung während der Schulzeit und Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen werden.

„Es ist ein gesegnetes Projekt“, sagte Reuther. Denn die Jungen und Mädchen, die bis heute in das Projekt aufgenommen würden, stünden nicht einmal auf der untersten Stufe der sozialen Leiter ihres Heimatlandes. „Sie haben die Leiter nicht einmal betreten“, sagte Reuther. Gemeinsam mit dem Partnerverein vor Ort kümmere sie der Eine-Welt-Kreis um die Ausbildung von körperlich und geistig behinderten Kindern oder solchen aus armen Tagelöhner-Familien. Die meisten Familien seien dabei so arm, dass sie sich ohne die Unterstützung aus Deutschland nicht einmal den Schulbesuch für Ihre Kinder leisten könnten.

Das 15-jährige Engagement habe aber auch unter einem glücklichen Stern gestanden, sagte der Pfarrer. So habe der Eine-Welt-Kreis gleich zu Beginn mit der Wahl des Partnervereins den idealen Ansprechpartner vor Ort gefunden. Mit dessen Hilfe sei es gelungen, kulturelle Fettnäpfchen oder organisatorische Fehlentscheidungen zu umgehen.

Möglich seien persönliche Patenschaften oder die Spende an den Kompensationsfonds des Vereins, aus dem besondere Projekte unterstützt werden. So habe der Lockdown in Ruanda während der Corona-Pandemie gerade die ärmsten Familien in existenzielle Schwierigkeiten gebracht. „Es war kein Einkommen mehr da. Wir haben für 8.000 Euro Lebensmittel kaufen müssen, sonst wären die Familien verhungert“, sagte Reuther.

Üblicherweise ende eine Patenschaft mit dem Abschluss der Berufsausbildung des Jugendlichen. Allenfalls werde noch ein Zuschuss für eine Geschäftsgründung gezahlt. „In Ruanda gibt es zu wenige Arbeitsplätze für junge Menschen“, weiß Reuther aus eigenem Erleben. Bereits neun Mal sei er in den vergangenen 15 Jahren in das Land gereist, habe die Patenkinder besucht. Und so wisse er auch, die Mühe habe sich gelohnt: Aus den Kindern sei etwas geworden - vom Gebäudereiniger bis zum Ingenieur sei alles dabei.

RÜCKFRAGEN

Gerhard Reuther, 036929-62137 oder 0151-4633387


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