PM 41 | 09.04.2015
„Sich mit klaren Worten und couragiertem Handeln gegen Fremdenfeindlichkeit stellen“
BEI RÜCKFRAGEN
Friedemann Kahl, 0151-59128575Landesbischöfin Junkermann richtet Brief an die Gemeinden
Angesichts der Ereignisse in Tröglitz und der allgemeinen Diskussion zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen wendet sich Landesbischöfin Ilse Junkermann mit einem „Wort an die Gemeinden“ an die Mitglieder der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM):
Liebe Schwestern und Brüder in den Kirchengemeinden
der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland!
In den vergangenen Monaten haben uns die islamfeindlichen Pegida-Demonstrationen in Atem gehalten. Zumindest in Teilen waren diese auch von fremdenfeindlichen Äußerungen geprägt. Nun sind wir konfrontiert mit den Ereignissen in Tröglitz: Ressentiments werden geschürt gegen Menschen, die noch gar nicht da sind, Hassparolen werden verbreitet, eine Flüchtlingsunterkunft wird in Brand gesetzt. Ich bin erschüttert über das Ausmaß an Aggression und krimineller Energie.
Auf der anderen Seite spitzt sich die Flüchtlingsproblematik auch in unserem Land zu. Bund und Länder ringen um Finanzierungskonzepte. Neue Unterkünfte werden gesucht. Die materielle Not und vor allem die wachsende Zahl an Kriegen und Bürgerkriegen schlägt sich in den Flüchtlingszahlen nieder.
Pfarrer Matthias Keilholz, zu dessen Pfarrbereich Tröglitz gehört, formuliert als Aufgabe für uns als Kirche: „Es kann in der Asylfrage nur eine Antwort geben: Wir stehen gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, und komme sie auch unter den schönsten und wohlmeinendsten Deckmäntelchen daher. Und wir stehen für eine positive Haltung gegenüber jedem Menschen und insbesondere gegenüber denen, die aus Not heraus zu uns kommen.“
Aus biblischer Sicht ist zu ergänzen: Jedem Menschen steht die gleiche Würde, das gleiche Recht auf Leben und die Entfaltung seiner Lebensmöglichkeiten, der gleiche Anspruch auf Schutz vor Verfolgung und Bedrohung zu. Denn jeder Mensch ist von Gott geliebt und, mit 1. Mose 1, 27, Gottes Ebenbild.
Ich möchte Sie bitten – als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkündigungsdienst, als Gemeindekirchenräte, als Christinnen und Christen in unseren Gemeinden – sich an Ihrem Ort und mit Ihren Möglichkeiten jeder Form von Fremdenfeindlichkeit entgegenzustellen: mit klaren Worten und mit couragiertem Handeln, in der Öffentlichkeit genauso wie im persönlichen Gespräch.
Und ich möchte Sie ermutigen, mit dem, was Sie für Flüchtlinge in unserem Land bereits tun, nicht nachzulassen. Unsere Landessynode hat im vergangenen November 500.000 Euro für die Unterstützung von Flüchtlingen in den Bürgerkriegsländern und hier in Deutschland bereitgestellt. Das war ein wichtiges Signal und wird helfen, Not zu lindern. Aber es braucht auch unser Engagement in den Kirchenkreisen und Kirchengemeinden. Ich danke Ihnen für allen persönlichen Einsatz, für die vielen Initiativen, für alle menschliche Wärme und materielle Unterstützung, die Sie schon jetzt denen, die bei uns Hilfe suchen, entgegenbringen.
Beten wir für Frieden in unserem Land und für die Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen. Öffnen wir uns, um zu tun, was in unserer Kraft steht. So sind wir Kirche in der Nachfolge Jesu.
Ihre
Ilse Junkermann
Landesbischöfin