PM 15 | 20.02.2009
Urteil zu Kirchbaulasten: Keine Verfassungsbeschwerde
BEI RÜCKFRAGEN
Ralf-Uwe Beck, 0172-7962982Kirchen suchen Gespräch mit Bundesregierung
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wird keine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Kirchbaulasten einreichen. Stattdessen wollen die von dem Urteil betroffenen Landeskirchen und Bistümer Verhandlungen mit der Bundesregierung aufnehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 11. Dezember 2008 entschieden, dass vertraglich begründete kommunale Kirchbaulasten in den neuen Bundesländern mit der deutschen Einheit „untergegangen“ seien. „Wir sehen keine Möglichkeit, das Urteil mit einer Verfassungsbeschwerde anzufechten“, stellt Oberkirchenrätin Ruth Kallenbach, Rechtsdezernentin der EKM, fest. „Allerdings schließt die Begründung des Urteils nicht aus, kommunale Baulasten als Verbindlichkeiten des Bundesfinanzvermögens zu betrachten.“ Nach dem Gerichtsurteil seien die Kirchbaulasten nicht auf die im Mai 1990 neu errichteten Kommunen übergegangen, sondern zunächst bei der DDR als Staat geblieben. Damit sei aus Sicht der EKM der Bund für die kommunalen Baulasten verantwortlich.
Auf Initiative der EKM wird sich im März eine Verhandlungsgruppe aus den vom Urteil betroffenen Kirchen konstituieren und Kontakt zur Bundesregierung aufnehmen. Der Verhandlungsgruppe werden auch ein Vertreter der EKD und Vertreter der Evangelischen und Katholischen Büros in Berlin angehören.
Die damalige Thüringer Landeskirche hatte gegen die Weigerung der Stadt Hildburghausen, vertraglich begründete Kirchenbaulasten als verpflichtend anzuerkennen, vor dem Verwaltungsgericht geklagt, war aber in zwei Instanzen und auch bei der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht unterlegen. Von dem Urteil sind besonders Regionen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Für die Thüringer Kirchen schätzt Rechtsdezernentin Kallenbach den Verlust an Baumitteln auf jährlich durchschnittlich sechs Millionen Euro. „Die Denkmal- und Kulturlandschaft in Thüringen ist damit gefährdet.“
Stichwort: Kommunale Kirchenbaulasten
Im Zuge der Entstehung politischer Gemeinden seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind diese von kirchlichen Gemeinden getrennt worden. Damit wurde auch das Vermögen der Gemeinden, oft Ländereien, aufgeteilt. Dabei verloren die Kirchengemeinden in weitem Umfang Vermögen an die politischen Gemeinden. In vielen Fällen waren die Kirchengemeinden nicht mehr oder kaum noch in der Lage, die Kirchen und Pfarrgebäude zu erhalten. Zum Ausgleich dafür übernahmen die politischen Gemeinden bauliche Unterhaltungspflichten – die kommunalen Kirchenbaulasten.
Kommunale Kirchenbaulasten gibt es nicht nur in den neuen Bundesländern, sondern auch in den alten Bundesländern. Sie waren in einigen Fällen auch schon Gegenstand höchstrichterlicher Rechtssprechung und sind dort in ihrem Bestand auch im Lichte des Grundgesetzes anerkannt.