PM 159 | 20.11.2024
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Sexualisierte Gewalt, DDR-Unrecht, Kriegsdienstverweigerung, Klimaschutz
Zur Tagung der Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) waren am heutigen Mittwoch (20. November) der Zwischenbericht der Arbeit der Fachstelle zum Umgang mit sexualisierter Gewalt von Dorothee Herfurth-Rogge sowie der Bericht von Jan Lemke, Präsident des Landeskirchenamtes, zu hören.
„Sexualisierte Gewalt geschah und geschieht immer noch im Verborgenen. Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Thema in die Öffentlichkeit holen und dass wir klare Regeln zum Zusammenleben in unserer Kirche aufstellen“, betonte Pfarrerin Dorothee Herfurth-Rogge von der Fachstelle der EKM zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in ihrem Bericht. Das Thema bewege viele Menschen in der Kirche, „sie wünschen sich Informationen, Aufklärung und Unterstützung bei der Erstellung von Schutzkonzepten“.
Als ein wichtiges Ergebnis aus der ForuM-Studie benannte sie, dass die Mechanismen sexualisierter Gewalt unabhängig von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen wirkten. „Dabei spielen hierarchische Machtverhältnisse, Unklarheiten im kirchlichen Amtsverständnis, geschwisterliche Vertrauensverhältnisse und deren Ausnutzung sowie die Verwischung zwischen rollenbedingtem Abstand und personaler Nähe eine entscheidende Rolle“, so Herfurth-Rogge. Beruflich Tätige in Kirche und Diakonie müssten dafür sensibilisiert werden, dass sie mit ihren sozialen, emotionalen und spirituellen Angeboten Abhängigkeiten schaffen können.
Herfurth-Rogge betonte, dass Betroffene einen Anspruch auf Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen und Aufarbeitung sowie eine wertschätzende Begleitung haben müssten. Für die Begleitung gebe es einen Pfarrer mit einer Ruhestandsbeauftragung, bereits zum zweiten Mal seien Betroffene zu einem gemeinsamen Wochenende eingeladen worden und ihnen stehe ein Gespräch mit dem Landesbischof zu. „Es bleibt eine Leitungsaufgabe in unserer Kirche, nicht nur über die Folgen von sexualisierter Gewalt zu reden, sondern sich auch Betroffenen und ihren leidvollen Erfahrungen zu stellen.“
Eine Unabhängige regionale Aufarbeitungskommission in Mitteldeutschland (URAK Mitteldeutschland) von Diakonie, EKM und Kirche Anhalts werde ab März 2025 ihre Arbeit aufnehmen, kündigte die Pfarrerin an. Zu den sieben Mitgliedern gehörten zwei Betroffene sowie drei Experten und Expertinnen, die von den Landesregierungen Thüringens und Sachsen-Anhalts vorgeschlagen wurden.
Jan Lemke zitierte aus dem vorläufigen Abschlussbericht des Anerkennungsausschusses „DDR-Unrecht“, dass 14 Personen finanzielle Anerkennungsleistungen in einer Spanne von 8.000 bis 25.000 Euro mit einem Gesamtbetrag von 167.000 Euro zugesprochen wurden, weil sie sich von ungerechtfertigten Entscheidungen ihrer Kirchenleitung durch Einflussnahme von DDR-Behörden betroffen sahen. Zu diesem Thema brauche es weiterhin die wissenschaftliche Erforschung und seelsorgliche Angebote für Betroffene. Zudem sollten verfolgte Ehrenamtliche sowie Schülerinnen und Schüler und die Versöhnung mehr in den Blickpunkt gerückt werden.
Mit Blick auf die Ankündigung, dass für die Bundeswehr eine Art Auswahlwehrdienst geplant sei, werde das Thema Kriegsdienstverweigerung (KDV) wichtiger, konstatierte Lemke. Bereits seit dem Beginn der Debatte um die Wehrpflicht sei ein deutlicher Anstieg an Beratungen zu verzeichnen. „Mit den Kirchenkreisen ist das Gespräch zu suchen, wie die Beratung wieder in den Regionen verankert werden könnte“, betonte der Präsident.
Eine Klimaschutzkonzeption für die EKM sei mit Beginn des 2. Quartals 2025 geplant, kündigte er an. Seit September werde eine „Erstberatung Energie“ mit einem externen Partner für Kirchengemeinden, Kirchenkreise sowie kirchliche Einrichtungen angeboten. Ein Kooperationsvertrag mit einer Tochtergesellschaft der Evangelischen Bank eG soll es laut Lemke Kirchengemeinden in der EKM ermöglichen, mit Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien einen höheren wirtschaftlichen Nutzen aus ihren Flächen zu ziehen und gleichzeitig einen Beitrag zu Klimaschutz und Energiesicherheit zu leisten. Mittels eines sogenannten „Kirchlichen Energiekreislaufs“ sollen sie selbst (Mit-)Eigentümer der Wind- und Solarparks werden, der erzeugte Strom soll in erster Linie Abnehmerinnen und Abnehmern aus Kirche und Sozialwirtschaft zur Verfügung stehen.
Einen großen Stellenwert für die AG Kirche und Rechtsextremismus habe die Ermutigung von Gemeinden, um diese in der Demokratie sprachfähiger zu machen und in ihnen das Streiten und Diskutieren zu erlernen, sagte Lemke. Als inhaltlichen Schwerpunkt arbeite die AG an dem Thema „Die EKM auf dem Weg zu einer Rassismus-kritischen Kirche“.
Weiterhin informierte Lemke darüber, dass die Vielzahl der Akteure im Bereich der Jugendarbeit enger zusammenarbeiten sollen. Die Arbeitsfelder Religionsunterricht und Schule, Gemeindepädagogik, Jugendbildung/Jugendpolitik und jugendverbandliche Arbeit bilden standortübergreifend (und nicht mehr einrichtungsbezogen) Arbeitsteams. Gleichzeitig bestehen übergreifende agile, aufgabenbezogene und temporäre Teams in wechselnden personellen Zusammensetzungen für projektbezogene Aufgaben.
Außerdem berichtete der Präsident, dass eine landeskirchliche Verwaltungsvorschrift ermöglichen soll, dass Pfarrerinnen und Pfarrer bis zur ihrem 75. Lebensjahr im aktiven Dienstverhältnis bleiben oder in dieses zurückgeholt werden können.
Zur geplanten Umgestaltung der Erfurter Augustinerkirche informierte Lemke darüber, dass zum 750. Jubiläum im Jahr 2027 ein erster Bauabschnitt realisiert und die Fertigstellung bis spätestens 2030 erfolgt sein soll. Die Kosten von rund fünf Millionen Euro würden über eine Mischfinanzierung bereitgestellt.
Die Landessynode der EKM besteht aus 80 gewählten und berufenen sowie solchen Mitgliedern, die ihr von Amts wegen angehören. Sie verkörpert die Einheit und Vielfalt der Gemeinden, Kirchenkreise, Dienste, Einrichtungen und Werke im Bereich der Landeskirche. Die Landessynode tritt in der Regel zweimal im Jahr zu mehrtägigen, öffentlichen Sitzungen zusammen.
Hinweis:
Die Landessynode tagt im Großen Saal des Landeskirchenamtes der EKM in Erfurt (Michaelisstraße 39) und ist öffentlich. Einen Live-Stream der Synodentagung gibt es unter www.ekmd.de/synode
Den Ablaufplan sowie sämtliche Unterlagen zu der Synodentagung finden Sie unter:
www.ekmd.de/kirche/landessynode/tagungen/8-tagung-der-iii-landessynode-vom-20-23-november-2024-in-erfurt.html
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