PM 075 | 11.09.2023
30 Jahre Staats-Kirchen-Vertrag in Sachsen-Anhalt
BEI RÜCKFRAGEN
Friedemann Kahl, 0151 59128575
„Religionsausübung ist kein Privileg der Kirchen, sondern aller Religionsgemeinschaften“
Mit einem Festakt in Lutherstadt Wittenberg wird am kommenden Freitag (15. September) an das 30-jährige Bestehen des so genannten „Wittenberger Vertrages“ erinnert. In dem Vertrag wurde das Verhältnis von Staat und Kirche in Sachsen-Anhalt mit den damals noch sechs beteiligten evangelischen Landeskirchen auf dem Gebiet neu definiert. Nach der Gleichschaltung im Dritten Reich und der feindlichen Gesinnung des DDR-Staatsapparates war der „Wittenberger Vertrag“ der erste umfassende Kirchenvertrag eines neuen Bundeslandes nach der Wiedervereinigung.
Der Vertrag wurde am 15. September 1993 in Wittenberg von Staat und Kirchen unterzeichnet. Der Landtag des Landes Sachsen-Anhalt stimmte dem Vertrag durch Gesetz vom 16. Dezember 1993 zu. Mit der Bekräftigung einer Kooperation zwischen Staat und Kirche war dieser Vertrag Impulsgeber für die folgenden Verträge anderer Bundesländer mit den Kirchen.
„War die Beziehung zwischen Staat und Kirchen während der DDR-Zeit eher die einer zähneknirschenden Duldung, wurde mit dem Wittenberger Vertrag deutlich gemacht, dass sich Staat und Kirchen als eigenständige Partner begegnen, die unter den Bedingungen des religiös und weltanschaulich neutralen Staates das Recht auf freie und öffentliche Religionsausübung konkretisieren“, sagt Oberkirchenrat Albrecht Steinhäuser, Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung Sachsen-Anhalt. „Für die Zukunft sehe ich die Herausforderung, in einer vielfältiger gewordenen Gesellschaft auch für andere Religionsgemeinschaften Regelungswerke zu finden, die die freie Religionsausübung auf eine rechtlich gesicherte Grundlage stellen. Den Kirchen ist immer wichtig gewesen, dass rechtlich gesicherte Religionsausübung kein Privileg der Kirchen ist, sondern allen Religionsgemeinschaften gilt“, so Steinhäuser.
Im Rahmen des Festaktes (14 Uhr) im Wittenberger Rathaus wird u.a. Altbischof Prof. Axel Noack unter dem Titel „Von der Opposition zur Kooperation“ einen Einblick in die kirchliche Praxis der 90er Jahren geben. Den Festvortrag hält Prof. Christian Hillgruber vom Institut für Kirchenrecht an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn.
Hintergrund
Im „Wittenberger Vertrag“ geht es um die Art und Weise des Zusammenwirkens von Staat und Kirchen. Der Vertrag regelt beispielsweise die universitäre Theologenausbildung, die Organisation der Anstaltsseelsorge, Fragen zu Kirchengebäude und Denkmalpflege, Zahlungen von Staatsleistungen oder Bestimmungen zu Feiertagsschutz und Seelsorgegeheimnis.
In Sachsen-Anhalt gehörten Ende 2022 rund 230.000 Menschen der evangelischen Kirche an das entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 10,5 Prozent. Auf dem Gebiet des Bundeslandes befinden sich heute Teile der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die Evangelische Landeskirche Anhalts, kleinere Teile der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und sowie der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Der Wittenberger Vertrag in seiner aktuellen Fassung: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/bsst/document/jlr-EvKiVtrGSTrahmen/part/X
RÜCKFRAGEN
Friedemann Kahl, 0151 59128575