PM 054 | 29.06.2021
Arbeitsrechtliche Kommission der Kirchen beschließt Tarifangleichung
BEI RÜCKFRAGEN
Christian Vollbrecht, 0361 51800402
Deutliche Kritik von Dienstnehmern an Gewerkschaft ver.di
Die Arbeitsrechtliche Kommission der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts hat auf ihrer gestrigen Sitzung die Angleichung des Tarifs für Mitarbeitende im Sozial- und Erziehungsbereich an die Regelungen des öffentlichen Dienstes beschlossen. Der neue Sondertarif wird ab dem 1. Januar 2022 gezahlt und bildet alle Tarifmerkmale der Regelungen im öffentlichen Dienst ab. Die einzige inhaltliche Abweichung bei den Tabellenentgelten beruht auf der deutlich geringeren Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden bei der betrieblichen Altersversorgung als es im öffentlichen Dienst der Fall ist.
„Sowohl für die Dienstnehmer als auch die Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission war dies kein leichter Schritt, weil die Mitglieder der Kommission eine Gesamtverantwortung für alle kirchlichen Beschäftigten wahrzunehmen haben und Sondertarife für bestimmte Beschäftigtengruppen immer die Gefahr von Ungleichbehandlungen hervorrufen können“, so der Kommissionsvorsitzende Christian Vollbrecht.
Mit Unverständnis und Irritation haben die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission auf die jüngsten Aufforderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di reagiert. Die Gewerkschaft hatte in den vergangenen Wochen einzelne Kirchengemeinden im Kirchenkreis Erfurt aufgefordert, Tarifverträge mit ver.di abzuschließen. „In grober Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten wird einfach der kirchliche Weg zur Arbeitsrechtssetzung für gescheitert erklärt, ohne dass es von ver.di auch nur den Versuch einer konstruktiven Beteiligung an den Verhandlungen gegeben hätte“, sagt Volker Eilenberger, Vertreter der Dienstnehmerfraktion in der Kommission. „In Anbetracht der Tatsache, dass ver.di trotz kirchengesetzlich festgelegter Möglichkeit sich nicht an der Arbeit der Kommission beteiligt, erscheint es absolut unangebracht, die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern in der Kommission derart herabzuwürdigen.“
Hintergrund
Die Kirchen in Deutschland haben ein eigenes Arbeitsrechtssystem, das als Dritter Weg bezeichnet wird. Die tariflichen Arbeitsbedingungen wie Vergütung, Arbeitszeit oder Urlaub werden in einer gemeinsamen, paritätisch besetzten Kommission festgelegt.
Der Dritte Weg folgt dem Leitbild einer Dienstgemeinschaft zwischen kirchlichen Dienstgebern und kirchlichen Mitarbeitenden, den Dienstnehmern. Die Arbeitsrechtssetzung der Kirchen auf dem Dritten Weg ist verfassungsrechtlich zulässig. Die Ursprünge des Dritten Weges liegen in den 50er Jahren. Die Kirchen begannen - auch aus Anlass des Tarifvertragsgesetzes - eine kirchengemäße Alternative zum Tarifvertrag ("Zweiter Weg") zu entwickeln, da die Regelungen der Arbeitsbedingungen durch die Kirchenleitung, und damit einseitig (als "Erster Weg" bezeichnet), nicht mehr zeitgemäß und angemessen waren. Eine wesentliche Grundlage erhielt der Dritte Weg im Jahre 1976 durch eine Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), deren Inhalt gemeinsam mit Interessenvertretungen der Mitarbeiterschaft erarbeitet worden war.
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