30.03.2022
Offizielle Vertreter Russlands in Buchenwald nicht erwünscht

Weimar (epd). Am 10. und 11. April soll in den beiden ehemaligen Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora der Opfer der NS-Schreckensherrschaft und der Befreiung der Überlebenden gedacht werden. 

Dieses Gedenken werde vom aktuellen Kriegsgeschehen in der Ukraine überschattet: „Nicht jeder, der nach Thüringen reisen wollte, wird an den Gedenkfeiern teilnehmen“, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, am Dienstag in Weimar.

Die Stiftung erreichten derzeit zahlreiche Hilferufe von Überlebenden der nationalsozialistischen Lager aus der Ukraine. Es gebe Hunderte ehemalige Opfer, denen es in den umkämpften Regionen an Nahrungsmitteln und lebenserhaltenden Medikamenten fehle, sagte Wagner. Häufig seien diese Menschen bettlägerig, sodass eine Flucht aus den Kriegsgebieten fast nicht leistbar sei.

Als einer der wenigen sei der 96-jährigen Anastasia Gulaj die Flucht nach Deutschland gelungen. Sie werde an den Gedenkfeierlichkeiten teilnehmen. Buchenwald versuche in einem Verbund von deutschen Gedenkstätten den ehemaligen Häftlingen in der Ukraine zu helfen, wo immer es möglich sei.

Insgesamt 22 verschiedene Veranstaltungen erinnern am und um das zweite April-Wochenende an die Befreiung der beiden KZ Buchenwald bei Weimar und Mittelbau-Dora in der Nähe Nordhausens sowie ihrer zahlreichen Außenlager im April 1945, kündigte Wagner an. Neben Ausstellungen, Gesprächen mit Zeitzeugen oder Lesungen solle in zwei zentralen Gedenkfeiern der Opfer gedacht werden.

Neben den KZ-Überlebenden Naftali Fürst aus Israel und Vasile Nussbaum aus Rumänien würden dabei auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) das Wort ergreifen. Insgesamt 16 ehemalige Häftlinge aus zehn Ländern hätten ihre Teilnahme angekündigt.

Gemeinsam mit dem Internationalen Komitee Buchenwald-Dora werde auf dem ehemaligen Appellplatz des KZ auch Boris Romantschenko und seiner Erneuerung des Schwurs von Buchenwald aus dem Jahr 2015 gedacht. „Der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“, habe dieser dort vor sieben Jahren aus dem Schwur zitiert, erinnerte Wagner. In diesem Sinne solle zu einem Nachdenken über die Hoffnungen der Überlebenden angeregt werden. Romantschenko war am 18. März bei einem Raketenbeschuss seiner Wohnung durch die russische Armee im ukrainischen Charkiv getötet worden.

Auch deshalb seien offizielle Vertreter von Russland und von Belarus bei der Gedenkfeier in diesem Jahr nicht willkommen. „Unser Vorgehen richtet sich nicht gegen die beiden Länder, sondern gegen die beiden Regierungen, die Kriegsverbrechen in der Ukraine zumindest dulden“, sagte Wagner. Für die Opfer aus Russland und Belarus würden Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft Kränze niederlegen.

Im KZ Buchenwald waren in der NS-Zeit etwa 280.000 Menschen inhaftiert, mehr als 56.000 Menschen kamen ums Leben. Nur rund 20.000 Häftlinge erlebten die Befreiung am 11. April 1945. Im Lagersystem vom Mittelbau-Dora bei Nordhausen waren mehr als 60.000 Häftlinge inhaftiert, mindestens 20.000 starben.

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