16.08.2018
Barmherzigkeit kennt keinen Kompromiss: Junkermann kritisiert Abschottungspolitik
Im ausführlichen Interview mit der TLZ spricht Landesbischöfin Ilse Junkermann über die Behinderung der Seenotretter, christliche Nächstenliebe und verratene europäische Werte
"Kann es in der Flüchtlingsfrage so etwas wie eine Grauzone, einen Kompromiss zwischen Barmherzigkeit und politischen Zwängen, geben?", fragt die TLZ im Interview. "Nein", so die klare Antwort Junkermanns. "Wenn ein Mensch vor meinen Augen stirbt, muss ich helfen. Das fordert auch unser Bürgerliches Gesetzbuch. Seenotrettung ist ein internationales Gesetz, das auf der Kultur der Barmherzigkeit fußt, nicht auf der Kultur des Überlebens des Stärkeren oder des Mächtigeren. Praktische Politik muss immer Barmherzigkeit im Hintergrund haben, aber dann auch lebbare Lösungen finden. Kanzlerin Merkel hat 2015 die Grenzen aus Barmherzigkeit, aber nicht grundsätzlich geöffnet. Seitdem sucht sie nach gerechten Lösungen in Europa , ich habe großen Respekt vor ihren Bemühungen."
Tabus würden plötzlich gebrochen, sagt die Landesbischöfin: "Wir beobachten das weltweit, der amerikanische Präsident übt sich täglich darin, die nationalen Bewegungen in Europa forcieren das. Ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, die gewisse Parallelen zur Weimarer Republik bewegen, wo gesellschaftliche Vereinbarungen auch schrittweise wegbrachen. Wir müssen diese Mechanismen in ihrem Beginn abwehren."