14.02.2020
Die Stunde der Zivilgesellschaft
DGB und Bündnis "#unteilbar" rufen zu Demonstration gegen Rechtsruck in Deutschland auf
Erfurt (epd). In Thüringen wird weiter nach Auswegen aus der politischen Krise gesucht. Am Dienstag soll der Ältestenrat des Landtages zu einer Sondersitzung zusammenkommen, sagte ein Parlamentssprecher am Donnerstag in Erfurt. Beim Treffen des zwölfköpfigen Gremiums, dem neben Landtagspräsident Birgit Keller (Linke) und deren Stellvertretern auch Abgeordnete aller im Landtag vertretenen Parteien angehören, geht es um die Fortsetzung der nach der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten auch mit Stimmen der AfD unterbrochenen Landtagssitzung. Grundsätzlich beraten die 90 Abgeordneten des Landtags zwei Möglichkeiten: Die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten oder die Selbstauflösung des Parlaments und anschließende Neuwahlen.
Vor diesem Hintergrund setzt der Erfurter Altpropst Heinrich Falcke weiter auf Bodo Ramelow (Linke). Dessen starke Qualifikation sei im Landtag "aus einem Motiv für seine Wahl zum Hauptmotiv für seine Abwahl" geworden, schreibt der bekannte Theologe in einem vom Evangelischen Kirchenkreis am Donnerstag in Erfurt verbreiteten "Zwischenruf". Es sei jetzt an den Christdemokraten, die verkrustete Parteienlandschaft "Zukunft öffnend zu verändern".
Parteipolitische Borniertheit fürchtete Ramelows Qualifikation, "weil sie von Links kam und bis weit in die Mitte der Gesellschaft Anerkennung und Sympathie gefunden hatte", betonte Falcke mit Blick auf die Wahl von Kemmerich. Die sogenannte Wahlsitzung des Landtages habe sich trotz untadeliger Leitung als Wahlboykott zur Abwahl Ramelow erwiesen, erklärte der Theologe Falcke weiter. "Dies war eine Verhöhnung der Institution Landtag und das bewusst eingegangene Risiko einer Nichtregierbarkeit des Freistaats", kritisierte der 90-Jährige.
Unter dem Motto "#Nichtmituns: Kein Pakt mit Faschist*innen - niemals und nirgendwo!" rufen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und das zivilgesellschaftliche Bündnis "#unteilbar" am Samstag zu einer Demonstration in Erfurt auf. Damit soll der Druck auf die demokratischen Parteien im Landtag aufrechterhalten werden, um so schnell wie möglich zu stabilen Verhältnissen im Land zu kommen, sagte Michael Rudolph, Bezirksvorsitzender des DGB Hessen-Thüringen, am Donnerstag in der Thüringer Landeshauptstadt.
Insgesamt rechne man mit mehreren tausend Demonstranten. Nach dem Auftakt auf dem Domplatz mit Reden verschiedener Akteure der Zivilgesellschaft - darunter auch der Regionalbischof des Sprengels Erfurt-Eisenach, Christian Stawenow - sei ein Marsch durch die Innenstadt bis zum Gewerkschaftshaus geplant. Dort soll es eine kurze Abschlusskundgebung geben, kündigte der DGB an.
Mit der Demonstration wolle man der "Normalisierung des Rechtsrucks" in Deutschland entgegentreten, erklärte Anna Spangenberg, Mitglied im Sprecherrat von "#unteilbar". Noch immer sei das Entsetzen über die Wahl von Kemmerich zum Ministerpräsidenten auch mit den Stimmen der AfD am 5. Februar im Landtag groß.
Das Agieren von CDU und FDP widerspreche jeglichem antifaschistischen Konsens in der Gesellschaft. Dennoch dürfe auch mit den Vertretern beider Parteien der Gesprächsfaden nicht abreißen. Sie müssten aber "von den Leimruten" der AfD wieder herunterkommen, forderte Rudolph.
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Weitere Infos zur Demo am 15.2. um 13 Uhr unter: https://www.unteilbar.org/nichtmituns/