15.11.2018
EKD-Synode in Würzburg zu Ende gegangen | Zusammenfassung der Beschlüsse
Was hat die EKD-Synode in Würzburg eigentlich beschlossen? Hier eine Zusammenfassung aller Entscheidungen der 5. Tagung der 12. Synode der EKD vom 11. bis 14. November 2018.
Beschlüsse zum "Glaube junger Menschen"
Unter dem Titel "Weite(r) sehen - Evangelische Kirche verändert sich" hat die EKD-Synode ihren Beschluss zum Schwerpunktthema Jugend gefasst. Die Kirche solle verändert werden, und zwar generationenübergreifend. Es sollen neue Räume geöffnet werden, "in denen Glaube und Spiritualität erlebt werden können". Sechs Punkte stehen im Beschluss: Bibel und Evangelium analog und digital kommunizieren; mehr Vielfalt in der Kirchenmusik; jungen Erwachsenen mehr Verantwortung geben; Ehrenamt stärken; mehr Vielfalt in kirchlichen Orten; Ausbildung und Berufsbilder verändern. | zur Meldung | zur Berichterstattung
Mitwirkung junger Menschen auf allen Ebenen unserer Kirche: Die Synode bittet die Gliedkirchen, junge Menschen unter 30 Jahren in ihren Gremien stärker zu beteiligen und dafür gegebenenfalls auch rechtliche Grundlagen zu überarbeiten. Vor allem zu Landessynoden sollen sie möglichst einen gesonderten Zugang als stimmberechtigte Mitglieder bekommen.
Junge Menschen im Blick: Ein Check für die Auswirkungen kirchlicher Entscheidungen auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene soll eingeführt werden.
Junge, volljährige Geflüchtete besser unterstützen, bilden, beraten: Die Synode möchte die Situation junger, volljähriger Geflüchteter verbessern, unter anderem durch eine unabhängige Rechtsberatung in der jeweiligen Sprache, einen Rechtsanspruch auf Hilfen, einen verbesserten Zugang zu Bildung und eine bessere Ausstattung der Jugendmigrationsdienste.
Zum Thema gibt es auch einen Radio-Beitrag des iad: https://audiodienst.de/mediathek/antenne-thueringen/2018/11/15/junge-leute-und-glauben-evangelische-kirche-will-sich-entstauben/9273
Beschlüsse zur Digitalisierung
Kirche im digitalen Wandel: Für sechs Digitalinitiativen im Jahr 2019 gibt die EKD-Synode 2,2 Millionen Euro aus. Dafür wird es einen Innovationsfonds geben, der eine Million Euro verteilen kann, eine neue Stabsstelle Digitalisierung im Kirchenamt zur Vernetzung mit Leitung, Assistenzen und zwei Projektstellen, den bundesweiten Kirchenfinder "Kirche bei Dir" und ein Konzept für einen "Medienpool" zur Nutzung in digitalen Medien. | zum Bericht | zum Beschlusstext
Politische Beschlüsse
Gefahren des Rechtspopulismus – Kirche und Gesellschaft demokratisch gestalten: Die EKD-Synode setzt sich ausdrücklich für eine offene, tolerante und gerechte Gesellschaft ein. Sie ruft ihre Mitarbeiter*innen und Mitglieder dazu auf, sich gegen Angriffe auf Jüdinnen und Juden, gegen eine Verrohung der politischen Debatte, gegen völkischen Nationalismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die Verunglimpfung unserer Demokratie und das Schüren von Ängsten zu engagieren. Sie stößt dazu verschiedene Maßnahmen an, von einer Untersuchung unter Kirchenmitgliedern bezüglich demokratiefeindlicher Haltungen über Gesprächsangebote und Module in der Vikarsausbildung, die zu einem kritischen Umgang mit rechtspopulistischen Einstellungen befähigen, bis hin zu einer weiteren Entwicklung von theologischen Kriterien für eine entsprechende Auseinandersetzung. | zum Beschlusstext
Wohnungsnot in Deutschland: Der Rat der EKD und die Landeskirchen sollen sich bei Bund und Ländern aktiv gegen Wohnungsnot einsetzen, sich an zivilgesellschaftlichen Bündnissen dazu beteiligen. Kirchen und diakonische Träger sollen aber auch möglichst eigene Immobilien für Benachteiligte nutzbar machen und in den sozialen Wohnungsmarkt investieren.
Europawahl 2019 nutzen: Die Synode bittet den Rat der EKD, die Gliedkirchen, die Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE) und die Konferenz europäischer Kirchen (KEK), sich aktiv an der Debatte um die Zukunft der EU vor dem Hintergrund christlicher Grundüberzeugungen zu beteiligen. Deshalb sollen sie zur Beteiligung an den Wahlen aufrufen und ihre ökumenischen Partnerschaften nutzen, um sich gegen Nationalismus und Extremismus zu engagieren. | zum Beschlusstext
Pflege als Herausforderung für Kirche, Gesellschaft und Politik: Die EKD-Synode möchte Pflegeberufe aufwerten und bessere Rahmenbedingungen schaffen. Dazu soll unter anderem Werbung für Pflegeberufe gefördert und Pflegefachschulen weiterentwickelt werden. Auch die sozialräumliche Infrastruktur für Pflegebedürftige und Pflegende soll mit verbindlichen Regelungen und zusätzlichen Finanzierungen gesichert werden. Vor allem aber soll die Pflegeversicherung nachgebessert werden.
Umgang mit Kirchenasyl in sogenannten Dublinfällen: Im Juni 2018 hat die Innenministerkonferenz einseitig Änderungen der Absprache mit den Kirchen zum Umgang mit Kirchenasyl aus dem Jahr 2015 beschlossen. Das will die EKD-Synode so nicht hinnehmen. Deshalb soll der Rat der EKD Gespräche mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führen, um zur alten Verfahrensweise zurückzukehren. Das BAMF soll wieder direkt mit den kirchlichen Ansprechpartnern sprechen, Dossiers zu Flüchtlingsschicksalen nicht nur formal beurteilen und angemessene Fristen für die Abgabe von Begründungen einräumen. Die EKD hält die Verlängerung der Überstellungsfrist für Geflüchtete im Kirchenasyl auf 18 Monate für rechtswidrig. | zur Meldung
Familiennachzug zu subsidiär Geschützten: Die Synode möchte eine bessere Regelung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten und höhere bzw. besser ausgeschöpfte Kontingente. Die Regelung soll humanitären Grundsätzen und Menschenrechten gerecht werden.
Eine solidarische und menschenrechtsbasierte Flüchtlingspolitik in der EU: Die EKD soll sich gegenüber Bundesregierung und EU-Institutionen dafür einsetzen, dass die EU-Mitgliedsstaaten Geflüchteten eine menschenwürdige Aufnahme bieten. Die Lager an den EU-Außengrenzen und auf den griechischen Inseln sollen geschlossen und ein gemeinsames europäisches Asylsystem mit hohen Aufnahmestandards weiter verfolgt werden. Außerdem soll die Seenotrettung ausgebaut und zivile Seenotrettung ermöglicht werden. Schließlich sollen sichere und legale Wege für Schutzsuchende in die EU geschaffen und Fluchtursachen stärker bekämpft werden. | zum Beschlusstext
Kirchenpolitische Beschlüsse
Verantwortung und Aufarbeitung bei sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche: Die Synode stellt sich ausdrücklich dem Leid und dem Schmerz der Menschen, die im Raum der evangelischen Kirche und der Diakonie sexualisierte Gewalt und Missbrauch erlitten haben. Sie bekennt dafür gegenüber allen Betroffenen ihre Schuld. Außerdem unterstützt sie die Entscheidung des Rates der EKD und der Kirchenkonferenz, die von Bischöfin Kirsten Fehrs in der Einbringung vorgestellten elf Punkte zur Richtschnur des weiteren Handelns in der EKD und in den Landeskirchen zu machen. | zur Meldung | zur Berichterstattung | zum Beschlusstext
EKD-Haushalt 2019: Dank der gestiegenen Kirchensteuereinnahmen bleibt der Haushalt der EKD für das Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr konstant bei rund 216 Millionen Euro. Die Kirchensteuereinnahmen machten davon 94,5 Millionen Euro aus. Der Rest kommt aus außersteuerlichen Finanzierungsquellen, vor allem den Staatsleistungen. | zur Meldung | zum Beschlusstext
Zusätzlicher Haushaltsbeschluss: Mit dem Zusatzbeschluss hat die EKD-Synode die Gelder für die Digitalisierungs-Initiative in den Haushalt eingestellt. | zur Meldung
Herausforderungen für die Ausbildung zum Pfarrberuf: Der Rat der EKD und die Landeskirchen sollen sich stärker um die großen Herausforderungen in der Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern und auch anderen verkündigenden Berufen kümmern. Diese sieht die Synode vor allem in Traditionsabbruch, Säkularisierung, Veränderungen in der Wissenschaft und absehbarem Personalmangel. | zum Beschlusstext
Änderungen des Mitarbeitervertretungsgesetzes der EKD: Die Synode der EKD regelt das Kirchengesetz zur Mitarbeitervertretung in einigen Punkten neu. Dabei hat das Kirchenparlament unter anderem die ACK-Klausel für Gliedkirchen optional gemacht und ermöglicht die verpflichtende Einrichtung von Einigungsstellen in allen Dienststellen, für die das MVG-EKD gilt. | zur Meldung | zum Beschlusstext
Änderungen am Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz (ARGG): Die Änderung des ARGG stellt bundesweite und gliedkirchliche Regelungen im kollektiven Arbeitsrecht gleichberechtigt nebeneinander. Bei Neugründungen muss laut beschlossenem Gesetz aber vorher festgelegt werden, welche arbeitsrechtlichen Regelungen angewendet werden sollen. | zum Beschlusstext
Gemeindeformen und Innovation: Der Rat der EKD soll erforschen lassen, welche neuen, innovativen Formen von Gemeinde und Gemeinschaft es im EKD-Bereich bereits gibt und der Synode als Grundlage für eine Weiterentwicklung präsentieren. | zum Beschlusstext
Evangelisches Gütesiegel Familienorientierung: Die Landeskirchen und diakonischen Werke sollen für ihre Einrichtungen das "Evangelische Gütesiegel Familienorientierung" erwerben. Kleine Einrichtungen sollen dabei finanziell und organisatorisch unterstützt werden.
Inklusive Kirche gestalten: Der Rat der EKD soll der Synode berichten, was seit der Orientierungshilfe "Es ist normal, verschieden zu sein" in Bezug auf eine inklusivere Kirche passiert ist: Welche Hindernisse gab und gibt es und wie soll dieser Prozess in Zukunft intensiviert werden?
Beschlüsse zum Umweltschutz
Kohleausstieg in der Energieversorgung: Die Synode befürwortet unter dem Hinweis auf das Pariser Klimaschutzabkommen einen zügigen Ausstieg aus der Kohleverstromung (Braun- und Steinkohle). Um die deutschen Klimaziele zu erreichen fordert sie, kurzfristig die Hälfte der Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen. Der damit verbundene Strukturwandel soll konsequent sozialverträglich gestaltet werden und die Synode sieht die Einbindung der Zivilgesellschaft in diesen Prozess auch als eine Aufgabe der Kirchen an. Sie fordert außerdem umgehend ein konkretes Kohleausstiegsdatum, spätestens aber einen Kohleausstieg bis 2035.
Weiteres
Präsidium: Der lippische Superintendent Andreas Lange wurde in Würzburg zum Vizepräses der Synode gewählt. Die Wahl war nötig geworden, nachdem im vergangenen Jahr Vizepräses Klaus Eberl aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus der Leitungsebene der Evangelischen Kirche im Rheinland ausgeschieden war und damit auch das Ehrenamt in der EKD-Synode niedergelegt hatte. Lange gehörte bereits dem sieben Mitglieder umfassenden Präsidium der EKD-Synode an. Neu ins Präsidium gewählt wurde der Mühlhäuser Superintendent Andreas Piontek aus der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. | zur Meldung
Synode 2019: Im nächsten Jahr kommt die EKD-Synode vom 9. bis 13. November 2019 in Dresden zu ihrer Jahrestagung zusammen. Im Mittelpunkt wird die Friedensarbeit in der evangelischen Kirche stehen.