29.01.2021
Evangelische Fastenaktion "7 Wochen Ohne"

Frankfurt a.M. (epd). In der Fasten- oder Passionszeit erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi und bereiten sich auf Ostern vor, auf die Botschaft von der Auferstehung. Die evangelische Aktion "7 Wochen Ohne" soll helfen, diese Wochen bewusst zu erleben und zu gestalten.

In diesem Jahr steht sie unter dem Motto "Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden". Die Organisatoren rufen dazu auf, in der Fastenzeit von Aschermittwoch (17. Februar) bis Ostern (5. April) mehr Weite im Leben zu entdecken. Dies bedeute in Corona-Zeiten, Begrenzungen im Denken und Handeln hinter sich zu lassen, sagte die frühere Münchener Regionalbischöfin und Kuratoriumsvorsitzende von "7 Wochen Ohne", Susanne Breit-Keßler.

An der Initiative beteiligen sich nach eigenen Angaben in jedem Jahr etwa zwei Millionen Menschen. Teilnehmer können sich zu virtuellen Fastengruppen zusammenschließen oder Aktionskalender nutzen. "7 Wochen Ohne" wird mit einem zentralen Gottesdienst am Sonntag, dem 21. Februar, um 9 Uhr in der Johannesgemeinde in Eltville-Erbach eröffnet. Mit dabei sind neben Breit-Keßler "7-Wochen-Ohne"-Geschäftsführer Arnd Brummer und Pfarrerin Bianca Schamp. Das ZDF überträgt den Gottesdienst live im Fernsehen.

Die Fastenaktion wurde 1983 gegründet. Koordiniert wird "7 Wochen Ohne" von einem Projektbüro im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik in Frankfurt am Main.

https://7wochenohne.evangelisch.de/

Jetzt auch noch fasten? | Wie man in Corona-Zeiten eine spirituelle Auszeit nehmen kann

Von Stephan Cezanne (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Ist es eine Überforderung, vielleicht sogar Zumutung? Die christliche Fastenzeit 2021 findet inmitten des Corona-Lockdowns statt. Seit Monaten kein Restaurantbesuch, der nächste Shopping-Bummel oder das Fest mit Freunden nicht in Sicht, ganz abgesehen von existenziellen Ängsten und Sorgen vieler Menschen. Soll man wirklich zusätzlich freiwillig auf Fleisch, Alkohol, Nikotin, Fernsehen oder Süßigkeiten verzichten? "Corona ist inzwischen zu einer zehnmonatigen Übung geworden, mit Leid, Verlust und Angst umzugehen - wir haben mehr als genug gefastet", räumt die Hannoveraner Pastorin und "Zeit"-Kolumnistin Hanna Jacobs ein. Mit anderen Theologinnen und Theologen wirbt sie für eine etwas andere Passionszeit 2021.

"Wir verzichten seit Monaten auf so viel: Ausgelassenheit, Kulturveranstaltungen, Berührungen, Kneipenbesuche. Jetzt auch noch für sieben Wochen auf ein bestimmtes Lebensmittel zu verzichten, würde am geistlichen Sinn des Fastens völlig vorbeigehen", sagt Jacobs dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie vermutet, dass in diesem Jahr weniger Menschen im traditionellen Sinne fasten werden.

Die Monate der Corona-Pandemie seien ohnehin eine Zeit des Rückzugs, sagt der evangelische Pfarrer Andreas Hoffmann aus Frankfurt am Main: "Wir sind in Klausur." Wie Mönche in ihrer Klausur im Kloster machen viele Menschen jetzt eine Erfahrung von Entsagung und Askese, sagt der ausgebildete geistliche Begleiter dem epd. "Rückzug ist etwas, was hart, aber auch wichtig ist."

Für die evangelische Theologin Susanne Breit-Keßler kann die Fastenzeit gerade während der Corona-Pandemie eine seelische Stütze sein. Seit 1983 lädt die evangelische Kirche zur Fastenaktion "7 Wochen Ohne" ein. In diesem Jahr steht die Aktion zwischen dem 17. Februar (Aschermittwoch) und dem 5. April unter dem Motto "Spielraum - Sieben Wochen ohne Blockaden". Sie solle dazu beitragen, "dass Menschen mehr Weite in ihrem Leben entdecken und Enge hinter sich lassen", sagt die frühere Münchner Regionalbischöfin und Kuratoriumsvorsitzende der Initiative dem epd.

Fasten sei keine moralische Angelegenheit, betont Breit-Keßler: "Es bedeutet vor allem, kleine Fluchten und große Freiheiten für sich zu entdecken. Wo und wie kann ich mich neu und anders als bisher entfalten?" Das diesjährige Motto "Spielraum" solle auch für eine Zeit stehen, "in der ich nachdenke, wie die Menschen dieser Welt miteinander verbunden sind und was man selbst zu einer Globalisierung der Herzen beitragen kann".

In der Fastenzeit vor dem zweiten Corona-Ostern, fügt die evangelische Theologin Jacobs hinzu, geht es nicht um einen Beweis "der eigenen Willensstärke, nicht ums Durchhalten und auch nicht um Kalorienreduktion, sondern darum, sich zu besinnen und das Leiden nicht aus dem Sinn und Blick zu verlieren". Es gehe darum, "das Mitleidenkönnen nicht zu verlernen". Daher redeten Protestantinnen und Protestanten lieber von Passionszeit als von Fastenzeit.

Fastengruppen und Gesprächskreise müssen in diesem Jahr meist digital stattfinden, per Zoom, über WhatsApp oder E-Mail, wie es die Aktion "7 Wochen Ohne" anbietet. Pfarrerin Jacobs will in ihrer Gemeinde in Hannover die Passionszeit auf diese Weise gestalten. Ein digitaler Adventskalender sei bereits gut angekommen und habe gezeigt: "Auch 80-Jährige fühlen sich via Smartphone mit anderen verbunden und beherrschen diese Kommunikationsform oft erstaunlich gut."

Breit-Keßler sagt: "Wir sind inzwischen alle fit in Videokonferenzen. In ihnen kann man sich gut über eigene Erfahrungen austauschen. Dazu rate ich, per Mail Rundbriefe zu schreiben - eine fängt an, ein anderer fügt etwas hinzu und so weiter." Solche Briefe könne man sich aufheben und überdenken.

Gerade dieses Jahr, sagt Jacobs, eigne sich gut für die Fastenzeit, "weil es letztlich ein gewohntes Ritual ist, mit der die Zeit strukturiert wird und weil man dieses Jahr auch mehr Zeit hat, die ganzen Fastenkalender und -mails zu lesen". In der Passionszeit 2021 könne es darum gehen, "nach den eigenen Kraftquellen zu suchen, um Wüstenzeiten zu überstehen, so wie Jesus die 40 Tage in der Wüste überstanden hat, ohne verrückt zu werden". Vielleicht könne man die Passionszeit in diesem Jahr begehen, ohne auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten.

Während eines solchen Rückzugs - ob freiwillig oder angeordnet - könnten freilich Ängste, Verdrängtes sowie andere Gefühle nach oben kommen, gibt der Theologe Hoffmann zu bedenken: "Das passiert jetzt natürlich ganz viel: Die Nerven liegen blank, wir starren auf die Nachrichten. Wie schlimm wird es denn noch?"

Da müsse man aufpassen, nicht in den Sog des Negativen zu geraten. Daher solle man jetzt laut Hoffmann "seine Dämonen und schweren Gedanken liebevoll anschauen, willkommen heißen, aber auch loslassen". In dieser Weise könne die Fastenzeit gerade in der Corona-Krise "ein Weg zur Seelenruhe" werden.

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