10.10.2019
Früherer Domprediger: "Wir sind das Volk" bleibt hohe Verpflichtung

Magdeburg (epd). Der ehemalige Magdeburger Domprediger Giselher Quast hat den unblutigen Verlauf der friedlichen Revolution von 1989 hervorgehoben. "Drei Prozent der Bevölkerung gelang es, den wirtschaftlich ausgehöhlten und ideologisch verkrusteten Staat zum Kapitulieren zu bringen", sagte Quast der "Magdeburger Volksstimme" (Mittwoch).

Dieser gestaltende Volkswille fehle heute weitgehend, "weil die parlamentarische Demokratie selbstgenügsam geworden ist, Verantwortung gern an die Politik delegiert wird, materielle und wirtschaftliche Interessen notwendigen Veränderungen entgegenstehen."

Quast sagte weiter, die deutsche Geschichte zeige uns, dass wir uns immer wieder aus unserem Versagen und unseren Erinnerungen erneuern müssen: "Hinter uns liegen zwei Diktaturen, die Diktatur des Nationalsozialismus und die Diktatur des Proletariats." Der Nationalsozialismus habe das Volk mit in den Abgrund gerissen. Der Sozialismus wollte ein Gegenmodell sein, aber sei zum Überwachungsstaat geworden, der Andersdenkende verfolgt und kriminalisiert habe.

Quast betonte, der Ruf "Wir sind das Volk" bleibe eine hohe Verpflichtung. Er sagte: "Menschen, die nicht wählen gehen, haben diesen Anspruch verwirkt. Menschen, die diesen mutigen Ruf des Herbstes 1989 missbrauchen, um wieder nur materielle, abgrenzende und eigensüchtige Interessen zu artikulieren, ebenso." Wenn heute Jugendliche bei Fridays for Future auf die Straße gingen, dann verwirklichten sie am ehesten den Anspruch, ihr Geschick in die eigene Hand zu nehmen und Druck auf die Politik zu machen.

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