27.08.2018
Kein Neonazi-Konzert in Mattstedt | Gericht untersagt Nutzung des Geländes | Friedensgottesdienst mit Ramelow

Mattstedt (epd). Nach dem Verbot eines Neonazi-Konzerts im thüringischen Mattstedt haben sich am Samstag rund 450 Rechtsextremisten auf einer kurzfristig angemeldeten Ersatzveranstaltung im südthüringischen Kloster Veßra getroffen. Wegen der begrenzten Platzverhältnisse wurden weitere Anreisende der rechten Szene von der Polizei abgewiesen, wie ein Sprecher der Landespolizeidirektion Thüringen am Sonntag in Erfurt sagte.

In Sachsen-Anhalt ging die Polizei gegen ein nicht angemeldetes Treffen von Rechten in Sotterhausen bei Sangerhausen vor. Dabei soll es sich auch um eine Ersatzveranstaltung für das in Mattstedt abgesagte Rechtsrock-Festival gehandelt haben.

Trotz der Absage fanden am Samstag in Mattstedt Protestveranstaltungen gegen das ursprünglich geplante Neonazi-Treffen statt. Daran beteiligten sich laut Polizei rund 500 Menschen aus Mattstedt und Umgebung.

Zu dem als politische Demonstration angemeldeten Rechtsrock-Festival mit dem Titel "Rock gegen Überfremdung III" waren mehrere Tausend Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland erwartet worden. Grund für die Absage war ein am Freitagabend gerichtlich bestätigtes Betretungsverbot für das Festivalgelände in dem kleinen Ort nördlich von Apolda. Zur Begründung hatte die Gemeinde unter anderem auf fehlende Einwilligungen von Grundstückseigentümern verwiesen.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dankte am Samstag der Kommune und Innenminister Georg Maier (SPD), das Verbot der Neonazi-Veranstaltung durchgesetzt zu haben. "Hier ist kein Platz für Nazis", sagte Ramelow nach einem Friedensgottesdienst mit etwa 150 Personen in der evangelischen Kirche von Mattstedt. Zugleich forderte er für die Veranstalter von Rechtsrock-Konzerten, die unter dem Deckmantel des Demonstrationsrechts mit dem Verkauf von Eintrittskarten Geld verdienten, eine steuerrechtliche Überprüfung.

Innenminister Maier sprach von einem "Etappensieg". "Der Kampf gegen Rechtsrock muss weitergehen", twitterte der Innenminister. An dem Gottesdienst nahmen auch weitere Mitglieder der Landesregierung sowie der CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring teil.

Der Sprecher des Bündnisses Buntes Weimarer Land, Max Reschke, zeigte sich zufrieden nach der Absage. "Wir wollten zeigen, dass wir ein Dorf sind, das sich gegen Nazis stellt", sagte Reschke. An einem Umzug des Bündnisses durch den Ort sowie an einem Straßenfest beteiligten sich mehrere Hundert Menschen.

Die Polizei hatte mit Kontrollen und Straßensperren Mattstedt weiträumig für anreisende Rechtsextremisten gesperrt. Insgesamt gab es 16 Strafanzeigen, unter anderem wegen der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und das Waffengesetz. Außerdem wurden 63 Platzverweise ausgesprochen.

Die Mobile Beratung in Thüringen (Mobit) begrüßte das von der Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße, zu der Mattstedt gehört, ausgesprochene Betretungsverbot für das Konzertgelände. Im Vorgehen der Behörden erkenne er den ernsthaften Willen, den jahrelangen zivilgesellschaftlichen Protest gegen neonazistische Konzerte ernst zu nehmen und konsequent gegen derartige Veranstaltungen vorzugehen, erklärte Christoph Lammert, Berater bei Mobit.

Bei aller berechtigten Freude dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsrock in Thüringen nicht beendet sei. "So wichtig dieses Signal auch sein mag, dass Konzerte mit menschenverachtender Musik doch verhindert werden können, findet die übergroße Zahl an Rechtsrock-Konzerten doch ungestört statt, werden Einnahmen generiert und die Szene weiter gefestigt", sagte der Mobit-Berater.

epd-Nachrichten und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier ausschließlich der persönlichen Information. Jede weitergehende Nutzung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte ist nur mit Genehmigung der Verkaufsleitung von epd (verkauf@epd.de) gestattet.


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar