23.03.2021
Religionsgemeinschaften von Corona-Beschlüssen zu Ostern überrascht
München/Berlin (epd). Es ist ein großes Überraschungsei, das Bund und Länder den Religionsgemeinschaften zu Ostern ins Nest gelegt haben: Wenn es nach den jüngsten Corona-Beschlüssen geht, sollen zum Höhepunkt der Karwoche und des jüdischen Pessachfestes keine religiösen Präsenzveranstaltungen stattfinden.
Darum wollen sie die Religionsgemeinschaften zumindest in Gesprächen bitten. Davon waren die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Zentralrat der Juden am Dienstag irritiert. "Wir sind überrascht worden. Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdienste sind kein Beiwerk", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, laut einem Tweet, den die Bischofskonferenz veröffentlichte.
Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte, man wolle in den angekündigten Gesprächen sich genau erläutern lassen, warum die bewährten Hygieneschutz-Maßnahmen, die alle Landeskirchen für ihre Gottesdiensten hätten, nun nicht mehr ausreichten. Am Mittwoch wollen sich demnach alle 20 evangelischen Landeskirchen beraten. Bis Donnerstagabend solle eine Position vorliegen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster sagte, es gehe darum, gemeinschaftlich eine verfassungskonforme Lösung zu finden, die dem Grundrecht auf Religionsfreiheit gerecht werde. Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter, betonte ebenfalls das Recht auf ungestörte Religionsausübung. Christen genössen an Karfreitag und Ostern nicht einfach freie Tage, sondern sie beteten miteinander und feierten den lebendigen Gott.
In den Beschlüssen heißt es: "Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen." Teil des Beschlusspakets ist eine "erweiterte Ruhezeit" zu Ostern. Der Gründonnerstag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollen zu einmaligen Ruhetagen erklärt werden, so dass das Land vom 1. bis 5. April komplett herunterfährt.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verteidigte die Entscheidung, dass möglichst keine Ostergottesdienste stattfinden sollten. "Das Ziel ist, dass alles zur Ruhe kommt", sagte sie. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, es bleibe beim Appell. Die Möglichkeit zu Präsenz-Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen bleibe bestehen.
Es könnte für viele Gemeinden das zweite Jahr in Folge sein, in dem sie zu den höchsten christlichen Feiertagen auf Gottesdienste mit Besuchern verzichten. 2020 hatte es eine Abmachung zwischen Staat und Kirchen gegeben, während des ersten Corona-Lockdowns im April Präsenzveranstaltungen auszusetzen. Die Bereitwilligkeit, mit der die Kirchen dem zugestimmt hatten, hatte für Kritik gesorgt. An Weihnachten hatten daher trotz vielerorts hoher Inzidenzen Gottesdienste mit strengen Hygieneregeln stattgefunden.
Karfreitag und Ostern sind zentrale christliche Feiertage, Christen gedenken an diesen Tagen der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi. Das jüdische Pessachfest, das am 4. April endet, erinnert an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zuvor erklärt, er zweifle nicht an den Hygienekonzepten der Gemeinden, aber jede Form von Bewegung müsse eingeschränkt werden. Ein offizielles Verbot werde es allerdings nicht geben. Der Linken-Politiker kündigte Gespräche mit den Leitungen der beiden christlichen Kirchen und mit der Jüdischen Landesgemeinde an. Der Linken-Politiker versprach zudem jedem, "jedem, der das will" eine Corona-Impfung bis zum Sommer. Dabei sollte auch das russische Vakzin Sputnik V in Thüringen und Deutschland eingesetzt werden.
Entscheidend sei jetzt, dass weniger Menschen das Virus weitergeben. "Wir müssen Ruhe reinbringen", erklärte der Ministerpräsident. Thüringen weist seit Wochen die höchsten Inzidenzwerte in Deutschland auf. Der Sieben-Tage-Wert lag am Dienstag bei 204,7 (bundesweites Mittel: 108,1).
Ungeachtet des angekündigten harten Lockdowns hält die Stadt Weimar an der geplanten Öffnung von Geschäften und Museen in der kommenden Woche fest. Grundlage sei die mit 49,1 vergleichsweise geringe Sieben-Tage-Inzidenz, die gut genutzten Schnelltestkapazitäten und eine in Kürze zur Verfügung stehende App, sagte Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos).
Die noch bis 31. März gültige Landesverordnung räume prinzipiell Modelloptionen ein. Konkret sei die Öffnung in einer ersten Phase von Montag bis Mittwoch geplant. Für den Zutritt zu den geöffneten Läden und Häusern soll entweder ein negativer Schnelltest (nicht älter als 24 Stunden) oder der Nachweis einer vorhandenen doppelten Corona-Impfung sowie eine manuelle oder elektronische Registrierung nötig sein.
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