04.03.2020
"Sachorientierte Politik gestalten, nah bei den Menschen": Bischof Kramer zur Wahl von Ramelow zum Ministerpräsidenten
Nach der heutigen Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen sagt Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM):
"Ich bin erleichtert, dass es den Abgeordneten gelungen ist, hier in Thüringen, trotz der politischen Machtverhältnisse einen berechenbaren Zeitplan für Neuwahlen möglich zu machen. Es wird jetzt darauf ankommen, eine sachorientierte Politik zu gestalten, nah bei den Menschen, damit Vertrauen in die Demokratie wieder wachsen kann. Ich gratuliere Ministerpräsident Ramelow zur Wahl und wünsche ihm Gottes Segen für sein Amt. Allen Abgeordneten wünsche ich den notwendigen Weitblick über die Interessen der eigenen Partei hinaus, viel Kraft und gute Ideen, dass sie gemeinsam zum Wohl für Thüringen tätig sind."
Erfurt (epd). Der Linken-Politiker Bodo Ramelow ist zum zweiten Mal zum thüringischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Im Erfurter Landtag stimmten am Mittwoch im dritten Wahlgang 42 Abgeordnete für den 64-Jährigen. Ramelow bekam bei 20 Enthaltungen 23 Gegenstimmen. Die FDP-Fraktion blieb der Wahlkabine geschlossen fern. Der Linken-Politiker wurde unmittelbar nach der Wahl vereidigt.
Laut Thüringer Verfassung reichte im dritten Wahlgang für die Wahl zum Ministerpräsidenten die Mehrheit der abgegebenen - in diesem Fall 85 - Stimmen. Für Ramelow stimmten demnach alle Parlamentarier des rot-rot-grünen Bündnisses. Die CDU hatte sich offenbar in allen drei Wahlgängen - bis auf eine Nein-Stimme im dritten Anlauf - enthalten. Der AfD-Kandidat Björn Höcke war nur in den ersten beiden Wahlgängen angetreten. Er hatte dabei jeweils 22 Abgeordnete - das entspricht der AfD-Fraktionsstärke - hinter sich versammelt.
Die Zeit des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) ging mit Ramelows Wahl zu Ende. Der Liberale hatte sich am 5. Februar auch mit Stimmen der AfD in das Amt wählen lassen. Nach heftigen bundesweiten Protesten trat er am 8. Februar zurück.
Der neue Ministerpräsident, der bis zur Wahl Kemmerichs bereits einer Thüringer Landesregierung vorstand, verzichtete wie 2014 bei seiner Vereidigung auf die Zusatzformel "So wahr mir Gott helfe". Er hatte dies vor gut fünf Jahren damit begründet, dass er zur Weimarer Verfassung, die Kirche und Staat trennt, stehe.
In seinen ersten Worten als neuer Ministerpräsident sprach Ramelow "vom ersten Tag, um wieder in stabile Verhältnisse zu kommen". Er beklagte sich über die Einmischung von Bundespolitikern in die Belange des Landes. Ramelow griff zudem die AfD-Abgeordneten und insbesondere Fraktionschef Björn Höcke, dem er zuvor bei der Gratulation den Handschlag verweigert hatte, frontal an und bezeichnete sie als "Brandstifter".
Das rot-rot-grüne Bündnis soll nun als Minderheitsregierung neu belebt werden. Als erster Schritt war noch am Abend die Vereidigung des Kabinetts vorgesehen. Dort soll es nur eine Veränderung geben: Der bisherige Fraktionschef der Grünen, Dirk Adams, übernimmt das Justizministerium von seinem von einer Affäre gebeutelten Parteifreund Dieter Lauinger.
Da nach der Landtagswahl vom Oktober Linke (29), SPD (8) und Grüne (5) zusammen nur noch über 42 Mandate verfügen - die AfD (22), die CDU (21) und die Liberalen (5) kommen insgesamt auf 48 Stimmen - soll nun ein mit der Union beschlossener Stabilitätspakt die Regierungsfähigkeit sichern. Als "konstruktive Opposition" will die Union danach den Weg für wichtige Vorhaben wie den Haushalt eröffnen und zugleich vom Abstimmungsverhalten der AfD unabhängig machen.
Die Vereinbarung sieht zudem Neuwahlen im April 2021 vor. Damit wurde der CDU entgegengekommen, der aktuelle Umfragen ein schlechtes Abschneiden vorhersagen.
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