18.06.2020
Seelsorger: Polizisten stehen unter Generalverdacht
Weimar (epd). Der Polizeiseelsorger Michael Kleemann sieht nach dem gewaltsamen Tod des US-Amerikaners George Floyd auch deutsche Polizisten einem Generalverdacht ausgesetzt.
Gerade in Sachsen-Anhalt beschäftige das Thema Rassismus seit dem Tod von Oury Jalloh 2005 im Dessauer Polizeigewahrsam die Gesellschaft, sagte der Pfarrer im Gespräch mit der in Weimar erscheinenden Mitteldeutschen Kirchenzeitung "Glaube+Heimat" (Ausgabe zum 21. Juni). Es gebe Beamte, "die bei dem Thema wund geworden sind und es als sehr neuralgisch empfinden", fügte er hinzu.
Für ihn sei klar, dass dieser Verdacht auch von einigen mit einem politischen Interesse zu Unrecht gefördert werde. "Ich bin inzwischen seit mehr als 20 Jahren als Polizeiseelsorger unterwegs und kann sagen, dass wir bei der Polizei der Länder den ganz normalen Querschnitt politischer Orientierungen haben", sagte er der Zeitung. Manche Polizisten fühlten sich immer ein Stück "zwischen Baum und Borke", so Kleemann, der auch Superintendent des Kirchenkreises Stendal (Sachsen-Anhalt) ist. Sie müssten die staatliche Gewalt repräsentieren, und gleichzeitig das Demonstrationsrecht schützen - auch für rechte Gruppen. Dieses Stehen zwischen den Fronten belaste manche Beamte sehr.
Kleemann warb für Verständnis für die Ordnungskräfte und sprach von einer wachsenden Sensibilität auch im Zusammenhang mit dem Thema Rassismus. "Zum Beispiel sprechen wir mit der muslimischen Gemeinde, um an den Schnittstellen der Kulturen und der unterschiedlichen Religionszugehörigkeit zu signalisieren: Wir haben euch nicht im Fokus, sondern wir suchen das Gespräch mit euch", betonte er.
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