30.03.2019
Thüringer Landtag streitet über Zukunft der Kirchensteuer
Erfurt (epd). In Thüringen soll sich an der Finanzierung der beiden großen Kirchen nichts ändern. Es seien weder die Abschaffung der Kirchensteuer, noch die Abschaffung ihres staatlichen Einzuges zugunsten einer allgemeinen Kultursteuer geplant, versicherte am Donnerstagabend Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) im Erfurter Landtag.
Zugleich warnte er davor, die Zeichen einer sich verändernden Gesellschaft zu übersehen. Die Politik müsse sich der Frage stellen, wie das Verhältnis von Bürgern und Staat zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften in Zukunft aussehen und organisiert werden soll, mahnte er.
Hoff verteidigte damit Überlegungen von Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke). Der hatte sich in einem am 13. März veröffentlichten Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) unter anderem für einschneidende Veränderungen bei der Finanzierung der Kirchen und im kirchlichen Arbeitsrecht ausgesprochen. Insbesondere brachte er dabei anstelle der Kirchensteuer eine Kultursteuer nach dem Vorbild Italiens ins Spiel. Der Linken-Politiker reagierte damit nach eigenen Worten auch auf die jüngste Diskussion um die Einführung einer Moscheesteuer.
Diese Überlegungen müssten als Anstoß für eine Debatte gesehen werden, die nicht zuletzt auch in den Kirchen selbst - etwa auf den Kirchentagen - längst geführt würde, sagte Hoff. Er verglich Ramelows Agieren mit dem seines Vor-Vorgängers. Der CDU-Politiker Dieter Althaus, von 2003 bis 2009 Thüringens Ministerpräsident, hätte sich in seiner Amtszeit als einer der ersten Politiker vehement für ein Bürgergeld eingesetzt. Inzwischen werde ein bedingungsloses Grundeinkommen zwar breit diskutiert, entschieden sei aber lange noch nichts, argumentierte Hoff. Sein Appell an die Abgeordneten: Lasst uns vernünftig diskutieren, ohne die Debatte skandalierend nur auf eine Steuererhöhung einzuengen.
Für die CDU-Fraktion, die mit einem Antrag das Thema auf die Tagesordnung gebracht hatte, sagte deren Haushalts- und Finanzpolitiker Maik Kowalleck, ausgehend von der italienischen Kultursteuer bedeute Ramelows Vorschlag einen Zuschlag zur Einkommens-, Lohn-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuer zwischen mindestens 0,8 Prozent und maximal neun Prozent. Damit avisiere der Ministerpräsident den Bürgern eine zusätzliche, nicht näher bezifferte Steuerbelastung zwischen 37 Millionen und gut 330 Millionen Euro, so Kowalleck.
Das Ziel, die Moscheegemeinden aus der Abhängigkeit ausländischer Geldgeber herauszuführen, begrüße die CDU. Nicht gelten lassen könne man aber, dass sich diese Gemeinden den Regelungen des Religionsverfassungsrechts nicht anpassen wollten, weil sie keine Mitgliederlisten führen wollten, fügte Kowalleck hinzu. Sein Fazit: Ramelow ruiniere das bewährte Religionsverfassungsrecht, brumme allen Bürgern eine zusätzliche Steuer auf und gefährde die geordnete Finanzierung der Kirchen durch ihre Mitglieder. Zudem sei damit ein Systemwechsel verbunden: Weg von der Mitgliederfinanzierung der Kirchen, hin zu einer Staatsfinanzierung von Religionsgemeinschaften.
Kowallecks Aufforderung an die Abgeordneten, "diese Irrfahrt" nicht mitzumachen und die Sicht der Union unterstützen, fand allerdings nicht ausreichend Gehör. In namentlicher Abstimmung votierten von den 69 anwesenden Abgeordneten 41 gegen den CDU-Antrag "Keine neue Kultursteuer in Thüringen und Deutschland - Verhältnis zwischen dem Land und den Religionsgemeinschaften weiter auf der bewährten verfassungsrechtlichen und vertraglichen Grundlage gestalten". 23 Parlamentarier votierten mit "Ja", fünf enthielten sich.
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