29.02.2020
Tobias Bilz wird sächsischer Landesbischof | Bischof Kramer: "Das Verbindende in der sächsischen Landeskirche stärken" | Theologe will Klarheit "nach Rechts" herstellen
Dresden (epd). Nach mehrmonatiger Vakanz bekommt Sachsen einen neuen evangelischen Landesbischof: Oberlandeskirchenrat Tobias Bilz (55) ist am Samstag von der Synode mit deutlicher Mehrheit gewählt worden.
Bei der Wahl in Dresden setzte sich der 55-jährige Theologe mit 48 von 79 Stimmen durch. Die Entscheidung fiel in drei Wahlgängen. Bilz lag bei der ersten und zweiten Abstimmung bereits vorn. Die Amtseinführung ist für den 25. April vorgesehen. Im Oktober war Carsten Rentzing vom Bischofsamt zurückgetreten.
Die Synode habe ein "Zeichen der Einheit" setzen wollen, sagte Bilz. "Wir gehen weiter und reden unterwegs. Wenn es Spannungen unter uns gibt, kann man sie beim Laufen sehr gut ausräumen", fügte er hinzu. Es gebe einiges zu klären, vor allem "nach Rechts" müsse Klarheit hergestellt werden. Die Kirche habe eine "Wächterfunktion" bei den Themen Frieden, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte in seiner Gratulation: "Die Kirchen sind in unserem Land wichtige Orte für Orientierung und Zusammenhalt." Gebraucht würden "Kirchen, die mit Einheit und Stärke überzeugend unsere Werte und gesellschaftlichen Grundlagen vertreten und verteidigen", sagte er. Auch der Fraktionsvorsitzende der Linken, Rico Gebhardt, gratulierte: Die Kirchen seien "wichtige Akteure im Bemühen um gesellschaftlichen Frieden, Verständigung und soziale Gerechtigkeit".
Zu seinem Amtsvorgänger sagte der designierte Bischof Bilz: Rentzing bleibe Pfarrer der Landeskirche und werde dort einen Platz haben. Der ehemalige Bischof ist derzeit im sogenannten Wartstand. Am 7. März will er auf Einladung der Evangelisch-Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft Sachsens e.V. einen Vortrag in Ottendorf-Okrilla bei Dresden zur "aktuellen Lage der Kirche" halten.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, insbesondere Bilz' Erfahrungen mit jungen Menschen als Landesjugendpfarrer "werden zu einem segensreichen Wirken im neuen Amt führen", erklärte er. Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister (Hannover), betonte, das Bischofsamt könne einen Beitrag zum Zusammenhalt einer theologisch vielfältigen Kirche nur im Zusammenspiel mit allen anderen leisten, "die in der Kirche Dienst tun".
Der Landesbischof der benachbarten Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, wünschte Bilz eine "glückliche Hand, um das Verbindende in der sächsischen Landeskirche zu stärken. Unsere Kirchen haben zahlreiche gemeinsame Fragen und Themen, auf die wir Antworten finden müssen, damit wir mit unserer Botschaft viele Menschen in Mitteldeutschland erreichen." Der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig erklärte in seinem Glückwunsch, es sei eine große gemeinsame Aufgabe, dazu beizutragen, dass die Spaltung in der Gesellschaft und den Kirchengemeinden nicht zunimmt.
Die Neuwahl war nach dem überraschenden Rücktritt von Landesbischof Carsten Rentzing (52) im Herbst 2019 notwendig geworden. Bei der Abstimmung am Samstag lag die Plauener Superintendentin Ulrike Weyer (46) mit 16 Stimmen auf Platz zwei. Für den Meißener Superintendenten Andreas Beuchel (56) stimmten 15 Synodale. Bilz war bereits bei der Bischofswahl 2015 angetreten und unterlag damals nach sechs Wahlgängen nur knapp Carsten Rentzing.
Der evangelische Landesbischof wird für zwölf Jahre gewählt. Die Synode ist das gesetzgebende Organ der sächsischen Landeskirche und tagt in der Regel zweimal im Jahr. Die Landeskirche vertritt rund 677.000 evangelisch-lutherische Christen.
Wahlsieger im zweiten Anlauf: Tobias Bilz wird Bischof in Sachsen
Von Katharina Rögner (epd)
Dresden (epd). Von sinkenden Gemeindemitgliederzahlen will sich der künftige sächsische Landesbischof Tobias Bilz nicht entmutigen lassen. Klar weiß der evangelische Oberlandeskirchenrat: "Man kann nicht mal eben Menschen zu Christen machen." Doch für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens wünscht er sich anderweitig neuen Schwung. Denn, davon ist Bilz überzeugt, "die Bedeutung einer Kirche misst sich nicht an der Anzahl ihrer Mitglieder, sondern an ihrer Wirksamkeit".
Der 55-jährige Theologe ist am Samstag auf der Sondersynode in Dresden zum neuen sächsischen Landesbischof gewählt worden. Er tritt die Nachfolge von Landesbischof Carsten Rentzing an. Das Amt war seit dem 1. November vakant. Die Einführung von Bilz ist für den 25. April geplant.
Rentzing hatte es zuvor überraschend zur Verfügung gestellt, nachdem seine Mitgliedschaft in einer schlagenden Verbindung bekanntgeworden war. Einen Tag nach seinem Rücktritt wurde öffentlich, dass er als Student für die rechtskonservative Zeitung "Fragmente" geschrieben hatte. Von ihm verfasste Texte stufte das Dresdner Landeskirchenamt als "elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich" ein.
Bilz war bereits bei der Bischofswahl 2015 als Kandidat angetreten. Damals unterlag er Rentzing nach sechs Wahlgängen nur knapp. "Beim ersten Mal bin ich ein bisschen leichtfüßiger reingegangen", sagt er. Als die Kirchenleitung ihn nun erneut anfragte, habe er "schon sehr gründlich überlegt", ob er noch einmal antreten soll.
Nach dem vorzeitigen und kontrovers diskutierten Bischofsrücktritt sei entscheidend, dass die Menschen intensiv miteinander reden, sagt Bilz. Eine Einordnung in Gruppen oder "Lager", in konservativ oder liberal, sollte seiner Ansicht nach grundsätzlich überwunden werden. Es brauche so etwas wie eine Aufarbeitungszeit: "Ich stelle mir vor, dass man zu den Menschen hingeht, die in diesem Prozess in eine Frontstellung geraten sind, und dass man sich gegenseitig erzählt, wie man den Herbst 2019 erlebt hat", sagt Bilz.
Im sächsischen Landeskirchenamt ist der Theologe seit 2019 für Seelsorge, Gemeindeaufbau und Medien sowie die kirchlichen Werke zuständig. Zuvor war der gebürtige Sachse, der gern wandert und liest, Landesjugendpfarrer. Er ist bekannt dafür, dass ihm die Sache stets wichtig ist, er als Person auch mal zurücktreten kann.
Bilz wurde 1964 in Dornreichenbach bei Wurzen geboren. Nach der Schulzeit entschied sich der Pfarrerssohn für eine Ausbildung zum Instandhaltungsmechaniker in einer Werkzeugfabrik in Altenburg. 1983 nahm er ein Theologiestudium in Leipzig auf.
Die Segnung homosexueller Paare in einem Gottesdienst lehnt er nicht grundsätzlich ab. "Jede Sichtweise hat Schutz und Raum - wir müssen es akzeptieren, dass wir hier eine verschiedene Sichtweise auf die Dinge haben", sagt er. In der sächsischen Landeskirche wird die Praxis einer öffentlichen Segnung homosexueller Paare den Pfarrerinnen und Pfarrern selbst überlassen. Sie sollen nach ihrem Gewissen - in Abstimmung mit der Kirchgemeinde - entscheiden.
Bilz gehört seit seiner Studienzeit zur Bruderschaft Liemehna. Das ist ihm zufolge eine geistliche Gemeinschaft von Frauen und Männern, die aus einer Wohngemeinschaft von Theologiestudenten in den 1970er Jahren im Pfarrhaus Liemehna hervorgegangen sei.
Dass sich Kirche zu gesellschaftspolitischen Dingen äußern muss, davon ist er überzeugt. "Es ist erstaunlich, wie viele Menschen in der säkularen Gesellschaft sich wünschen, dass sich die Kirche zu Wort meldet", sagt er. Spannungen zwischen verschiedenen Positionen gebe es in der Gesellschaft wie in der Kirche.
Wenn Christen "positiv in die Gänge kommen", dann seien sie in der Lage der Gesellschaft zu sagen, wie diese mit den Spannungen umgehen kann. Bilz findet: "Wir reden von einer individualisierten Gesellschaft, dann passt der lutherische Glaube, wo die Verantwortung des Einzelnen im Mittelpunkt steht, perfekt in unsere Zeit."
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