Anja Hanke, Lektorin in Unterkoskau

Es sind nur wenige Schritte von ihrem Wohnhaus zur kleinen Dorfkirche von Unterkoskau im Saale-Orla-Kreis – und Anja Hanke findet den Weg oft und gern.

Die Kirche, die Gemeinde, das gehört für sie dazu. Als ihre Kinder klein waren, hat sie häufig den Kindergottesdienst mitgestaltet. Und auch mal eine Lesung übernommen. Und dann stieß sie im vergangenen Jahr im Internet auf das Angebot vom Kloster Volkenroda: Lektoren-Kurs. „Ich war selbst ein bisschen erstaunt über meinen Mut – aber ich habe mich angemeldet.“

Ein halbes Jahr dauert die Ausbildung in Volkenroda, Kurs ist immer am Wochenende. Das zu vereinbaren mit der Familie und dem Beruf als Altenpflegerin war nicht leicht, „aber alle haben mich unterstützt und sind jetzt auch ein bisschen stolz auf mich“, sagt Anja Hanke und lacht.

Auch der Kirchenkreis Schleiz stand voll hinter ihr.

Als Lektorin ist sie eine echte Stütze für den Pfarrer, der neben Unterkoskau noch vier weitere Gemeinden betreut. Einmal im Monat übernimmt Anja Hanke zwei Gottesdienste am Sonntag und hält diese ganz allein: Liturgie, Lesepredigt, Liedauswahl. Alles ihre Verantwortung. Aufgeregt war sie anfangs schon, vor allem, weil sie gleich mit einer Tradition brechen musste und wollte:

„Ich habe mich in den ersten Gottesdiensten vorne hingestellt und habe gesagt: Es gibt Dinge im Leben, die man mit besonders viel Freude macht. Das liturgische Singen gehört für mich nicht dazu. Da war das Eis gebrochen, es wusste jeder Bescheid, das wird hier in der Form nicht stattfinden, ich spreche die Liturgie. Das wird akzeptiert.“

Das habe sie in ihrem Lektorenkurs gelernt: „Es muss nicht immer alles so geradlinig sein, nur weil es schon immer so war.“

Sonntag früh um 9 Uhr sind im Gottesdienst meist zwei, drei Bänke besetzt. 15 Leute, viel mehr sind es nicht, die meisten 60 plus. Der Klassiker eben. Anja Hanke freut sich über die Menschen – und hat trotzdem Ideen, wie man vielleicht noch ein paar mehr erreichen könnte, auch von den jüngeren: anderer Ort, andere Zeit zum Beispiel. „Im Nachbarort gibt es eine alte Mühle. Dorthin einen Abendspaziergang am Samstag machen und dann eine Andacht. Das würde ich gerne mal ausprobieren. Mich persönlich würde so was ansprechen.“

Schritt für Schritt mal was Neues ausprobieren. So wie in der vergangenen Adventszeit, als es im Dorf zum ersten Mal neben dem Weihnachtsmarkt eine Krippenausstellung gab, im Pfarrhaus. „Das war ein Ruhepol und wurde richtig gut angenommen.“

Auch wenn in den Gottesdiensten oft nicht viele Menschen sitzen, für Anja Hanke ist klar: Die Kirche muss im Dorf bleiben. „Gerade jetzt. Es schweißt auch zusammen, es verbindet die Menschen wieder.“ Und selbst wenn jemand nur Heiligabend in die Kirche komme, müsse man das ernst nehmen. „Die Sehnsucht der Menschen ist da.“

Schon jetzt wird längst nicht mehr in allen Kirchen im Land regelmäßig Gottesdienst gefeiert. Zu viele unbesetzte Pfarrstellen, sagt Anja Hanke. „Noch geht es, mit Abstrichen. Aber wir werden dorthin kommen, dass es ohne Lektoren nicht mehr funktioniert. Es ist eine wichtige Arbeit. Es wäre sinnvoll, dass jede Kirchengemeinde sich aufmacht, Lektoren zu finden.“

Anja Hanke jedenfalls ist froh, dass sie den Kurs in Volkenroda besucht hat und als Lektorin in Unterkoskau und der Umgebung unterstützen kann. Und sie freut sich drauf, gemeinsam mit den Gemeinden Neues auszuprobieren, in kleinen Schritten, wie sie sagt: „Ich glaube, das ist die große Herausforderung: die Leute zu bewegen, sich mal aufzumachen.“

Informationen zum Lektorenkurs im Kloster Volkenroda finden Sie hier:
https://www.kloster-volkenroda.de/seminare/#anchor-block_19f419502b634c978c55659892f957c1


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