28.03.2019
Andacht von Oberkirchenrat Christhard Wagner im Thüringer Landtag am 28.03.2019
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
1 Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist aus Gott geboren; und wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der aus ihm geboren ist.
2 Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.
3 Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.
4 Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
5 Wer ist es aber, der die Welt überwindet, wenn nicht, der da glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?
1.Johannes 5,1-5
Liebe Landtagsgemeinde !
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
Das klingt wie Pfeifen im Wald.
Wir? Sieger?
Erinnert das nicht eher an die Parole: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen?“
Wir haben andere Erfahrungen. Sehen unsere Gottesdienste wie Siegesfeiern aus? Befinden wir uns ansonsten auf der Siegerstraße: finanziell, mitgliedermäßig, in der politischen Einordnung oder in der medialen Wahrnehmung?
Wir sehen nicht wie Sieger aus und wollen es ja auch gar nicht sein. „Erfolg ist kein Name Gottes.“
Das Kreuz ist unser Zeichen. Ein Symbol der tiefsten Niederlage. Wir leben in der Passionszeit. Wir erinnern uns: Die Welt stürzt Gott in seine tiefste Niederlage. Wir dürfen und wollen an Karfreitag nicht vorbei. Eine für Außenstehende merkwürdige Religion. Für uns ist es Trost und Hilfe. Das Elend der Welt, das Leiden der Menschheit, ja- auch unser eigener Tod: seit Karfreitag wissen wir: diese Gottesferne, diese Niederlage ist kein Betriebsunfall, kein Anlass, an Gott zu verzweifeln. Gott selbst geht den Weg in die tiefste Tiefe.
Er weiß, wie es ist. Er nimmt uns die Furcht – oder er hilft mit ihr umzugehen, wenn es bei uns hart auf hart kommt.
Und so haben wir uns eingerichtet. Wir sind für die Verlierer da. Die Zukurzgekommenen. Die Unterdrückten. Die Verletzten. Die Niedergeschlagenen. Nachfolge heißt, das Kreuz auf sich zu nehmen und bei denen zu sein, die schwer daran tragen.
„Selig seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“
„Selig seid ihr, wenn euch die Menschen ausstoßen und euch schmähen …“
Ja. Das ist eine Seite christlicher Existenz. Und nur dieser Teil christlichen Glaubens allein wollen uns so manche nur zugestehen: Die Kirche ist allein für die Seelsorge da.
Kümmert euch um die Verlierer und denen es mal schlecht geht. Das reicht.
Aber wir bekennen fröhlich auch die andere Seite christlicher Existenz!
Auf manchen Schalldeckel von Kanzeln - achten Sie doch am kommenden Sonntag darauf – finden wir Jesus Christus – zuweilen auch als Lamm Gottes dargestellt – mit der Siegesfahne in der Hand. Es ist symptomatisch, dass dieses Zeichen oft übersehen wird.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
Wir sind nicht allein Karfreitagschristen. Wir dürfen auch Osterchristen sein. Wir gehen auf den Sonntag Laetare zu – man nennt ihn auch „kleines Ostern“.
Übersetzt heißt „Laetare“ Freue dich! Wir dürfen mitten in der Passionszeit schon einmal auf die wunderbare und unser ganzes Leben beschreibende Beziehung von Karfreitag und Ostern hinweisen. Beide Ereignisse sind entscheidend. Beide brauchen wir in unserem Leben – beides zusammen beschreibt unseren christlichen Horizont. Nicht umsonst gehört das Lied „In dir ist Freude in allem diesem Leide“ zu diesem Thema.
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
Siegestrunkene Arroganz ist dabei allerdings fehl am Platz. Wir überwinden nicht die Welt, weil wir so toll sind: unser Glaube ist es. Und dieser Glaube gehört nicht uns: er wird uns geschenkt. Der Sieg ist für uns am Kreuz erkämpft und zu Ostern sichtbar geworden.
Die Welt überwinden bedeutet nicht die Welt hinter uns zu lassen. Das wäre ein frommes Missverständnis. Wir können nicht der Welt entfliehen – als ob wir eine Mauer überwinden und schon jenseits der realexistierenden Welt leben könnten. Wir bleiben mittendrin. Abhauen ist nicht. Wir halten uns nicht raus.
Wir sind berufen, in die Welt zu gehen. Jedoch mit einem entscheidenden Vorzeichen vor der Klammer: unser Sieg ist schon errungen. Mit dieser Siegesgewissheit können wir gelassen und entspannt in die Kämpfe unserer Zeit gehen. Wir werden ziemlich sicher so manches Spiel verlieren. Das braucht uns nicht zu irritieren.
Wir halten uns an Spielregeln: auch wenn sie nicht dazu geeignet sind, alle Spiele in dieser Welt zu gewinnen. Wir kämpfen fröhlich und fair, aber nicht auf Kosten anderer und erst recht nicht auf Teufel komm raus.
Wir haben es allerdings auch nicht nötig, uns ein Verliererimage zuzulegen oder anhängen zu lassen.
Christenmenschen gehören zu der Mannschaft, für die der Sieg schon errungen ist. Das darf uns stolz machen. Das kann uns attraktiv machen. Das kann uns Niederlagen besser überwinden helfen. Das hindert uns nicht daran, zuerst für die da zu sein, die zu den Verlierern dieser Welt gehören.
„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“
Laetare – Freuet euch ! Amen.