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08.04.2020
Angesteckt

Natürlich hat sie alles am Anfang nicht ernst genommen. Keiner hat das. Außerdem gehörte sie ja nicht zur Risikogruppe: Anfang vierzig, sportlich, gesund. Dann hatte sie vor zwei Wochen kurz das Gefühl: ach, die Frühjahrsgrippe. Nur einen Abend lang fühlte sie sich schlapp, schlief in der Nacht darauf schlecht.

Aber dann war es wieder gut. Natürlich hat sie ihre Mutter besucht. Wer sollte das sonst tun? Sie war schließlich schon leicht…lebensuntüchtig. Das schlimme Wort Alzheimer vermied sie. Und dann der Test.

Sie arbeitet im Krankenhaus. In der Küche. Infektiös sein – das wäre das Letzte, was sie will.“) Der Chef hatte sie zuhause angerufen. „Leider ist Dein Test positiv. Du bleibst jetzt zwei Wochen Zuhause. Wir regeln das über Deine Überstunden… ja dann: bis in 14 Tagen“. Als erstes fällt ihr ihre Mutter ein. Wenn nun….nein, das will sie sich gar nicht vorstellen. Wo hatte das Virus sie erwischt? Beim Einkaufen vielleicht? Oder im Bus? War das meine Schuld? Hätte ich das vermeiden können?

Schuld und Trotz, Einsamkeit und Furcht – alles jagt ihr durch den Kopf. Lieber Gott, mach, dass ich Mutter nicht angesteckt habe und mach, dass ich nicht krank werde! Als Kind hat sie so zuletzt geredet. Ein wenig schämt sie sich, aber sie fühlt sich besser. Niemand muss sich für ein Gebet schämen. Gott will uns zuhören.

Und vergibt leidenschaftlich gern. Versuchen wir es.

 

Aus Dessau grüßt

Joachim Liebig


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