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24.11.2019
Auif dem Friedhof

Die Luft ist klar und kalt. Ich schlage den Mantelkragen hoch. Langsam schlendere ich über den Friedhof.

Die Gräber sind winterfertig geschmückt mit Tannengrün und Gestecken. Hier und da leuchten rote und weiße Grabkerzen. Heute, am Ewigkeitssonntag, sind viele Menschen hier. In kleinen Gruppen oder auch einzeln stehen sie vor den Gräbern ihrer Angehören und Freunde.

Ich entdecke eine Bekannte. „Ach, wissen Sie, ich brauche das: Seit mein Mann verstorben ist, bin ich jeden Tag hier. Ich gieße oder zupfe Unkraut und dabei rede ich mit ihm. Das hilft mir.“ Ich stimme ihr zu und wir wechseln ein paar Worte. Dann gehe ich weiter.

Bei den Kindergräbern stehen ganze Familien. Eine kenne ich. Ich habe die Trauerfeier gehalten. Wir hatten Luftballons steigen lassen. Und Eltern, Großeltern und die kleine Schwester haben Wünsche und Gebete mit in den Himmel geschickt.

Dass einer sie auffängt – das hoffe ich.

Darauf will ich vertrauen. Dass einer das alles, unser Leben und Sterben, unsere glücklichen Momente und die, die einen in den Abgrund reißen, dass einer das alles in seinen Händen hält,

Am Ende wird alles gut. Und ich bin gespannt, wie das dann wohl aussehen wird- da, hinter dem Horizont, im Himmel. Ich stelle mir vor: bunte Farben, alles ist leicht. Das Schwere bleibt hier auf der Erde und was mich belastet hat, wird dort nicht mehr sein.

Mit dieser Hoffnung verlasse ich den Friedhof. Ich möchte den Rest des Tages mit denen verbringen, die mir wichtig sind. Denn die Liebe, die ist das, was bleiben wird. Hier und dort.

Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg


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