02.01.2024
Christus als Bettlerin?
Wenn ich durch die Stadt laufe oder zum Bahnhof gehe, fallen mir immer wieder einzelne Frauen und Männer auf, die mit einem Pappbecher in der Hand um ein Almosen betteln. Manche sitzen trotz der Kälte stumm da, andere laufen auf Menschen zu, strecken mir aufdringlich den Becher hin. Das ist mir unangenehm. Einige habe ich schon öfter gesehen, und manchmal grüße ich auch mit einem freundlichen Kopfnicken. Ich bin meist hin und hergerissen, ob ich ihnen Geld geben soll oder doch lieber nicht oder wegschauen soll. Manchmal kaufe ich ihnen eine heiße Schokolade oder ein Sandwich– aber freuen tun sie sich sichtlich mehr über ein Geldstück. Wie bitterarm muss jemand sein, um stundenlang bei nasskaltem Wetter, auf einem Karton kauernd, Passanten, um Geld anzubetteln. Dabei gehen mir Worte Jesu durch den Kopf: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben“ - oder auch nicht. Begegnet mir Jesus direkt im Gesicht dieser Bettlerin am Bahnhof? Ja, doch, denke ich: Denn Gott will, dass ich von mir selbst wegschaue und das Elend dieses armen Mitmenschen sehe und um Gottes Willen etwas dagegen tue. Auch wenn die Hilfe nur kurz und klein ist.
Ihr Johann Schneider evangelischer Regionalbischof aus Halle