01.06.2021
Ende gut, alles gut
„Warum trägt denn da niemand eine Maske?“ Unser Enkel Richard ist empört. Wir sitzen mit dem Dreieinhalbjährigen im Wohnzimmer und schauen uns Fotos an: Der kleine Richard eingewickelt in eine Decke. Richard auf dem Arm seines Papas. Richard bei der Taufe. Familie und Paten eng beieinandersitzend in der Kirche.
Seit 15 Monaten kennt er das ganz anders. Immerhin ist das mehr als ein Drittel seiner bisherigen Lebenszeit, überlege ich. Da trifft er Erwachsene außerhalb der eigenen vier Wände zumeist nur mit einem Mund-Nasen-Schutz. Jedenfalls in den Geschäften, beim Friseur und bei der Ärztin oder in der Straßenbahn.
„Richard“, sage ich, „diese Fotos sind alt. Da gab es Corona noch nicht. Da ging es ohne Maske. Da war man einfach so zusammen. Und jeden Morgen gab man sich auf der Arbeit die Hand.“
Richard schaut mich ungläubig an. „Und dann?“
„Na dann kam die böse Krankheit ‚Corona‘. Seitdem gibt es die Masken für alle Erwachsenen und auch für die Schulkinder.“
„Aber bald ist die Krankheit doch besiegt?“
„Ja“, sage ich, „wie die bösen Drachen im Märchen. Wie die sieben Fliegen, die das tapfere Schneiderlein auf einen Streich erledigt.“
„Und dann feiern wir“, ruft Richard begeistert.
Ja, dann feiern wir: Einen XXL-großen Kindertag, eine Party für die Jugendlichen und ein rauschendes Fest für alle Erwachsenen.
Freut sich Hans-Jürgen Kant von der Evangelischen Kirche in Halle.