19.11.2020
Erinnerungsfrüchte
Plop macht der Deckel. Auch das letzte Marmeladenglas ist nun dicht. Quittengelee mit etwas Zimt. Klar und honigfarben. Ich räume die frisch abgefüllten Gläser zu den anderen ins Regal. Dort wartet
schon das tiefschwarze Holundergelee mit Zartbitterschokolade.
Daneben die gelbe Orangen-Birnenmarmelade. Das ist eine Spezialität meiner Frau. Schon länger stehen da die Gläser mit Kirschmarmelade und natürlich der Klassiker: Erdbeerkonfitüre. Traubengelee gibt es in diesem Jahr leider nicht. Mehltau hat sich auf unserem Weinstock breit gemacht. Hoffentlich bekommen wir das im nächsten Jahr in den Griff.
Den Kochtopf habe ich inzwischen ausgespült, die Schüssel mit den Obstresten zum Kompost gebracht. Auf dem Tisch steht noch ein letztes leeres Glas.
Was fülle ich da rein? Was nehme ich mit in den Winter, gerade in diesen, wo ich nicht weiß, wie wir Weihnachten feiern, ob die Kinder und Enkel kommen können?
Ich gehe durch die Wohnung und sammle Erinnerungsfrüchte in das Glas:
Ein Stück Schnur. Damit habe ich Seemannsknoten für die Segelprüfung geübt.
Ein Foto meiner Enkelkinder, die im Sommer ein paar Wochen bei uns waren. Jetzt können sie schon krabbeln.
Ein Stück Holz von einer Orgel, die im Sommer eingeweiht wurde. Ich liebe Musik.
Das Glas bleibt in Sichtweite. Eingeweckte helle fröhliche Momente. Ich werde immer mal daraus naschen. Meine Erinnerungen aufwecken an stillen Tagen und trüben Abenden. Süße Seelenmarmelade.
„Danke lieber Gott für all diese Früchte in meinen Gläsern. Und hilf uns, dass im nächsten Jahr Neues wachsen kann.“ betet
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg