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02.01.2020
Heckscheibenkleingeister

Mein Blick fällt auf die Heckscheibe eines Kleinwagens. Das war kein großer Denker, der da graue Folienbuchstaben auf seine Scheibe geklebt hat:

„Ich fahre heute auf Arbeit, weil sich Millionen Arbeitslose und ‚Flüchtlinge‘ auf mich verlassen.“

Oha, da findet also jemand, dass nur Bio-Deutsche fleißig sind und alle andern seine Steuergelder kassieren.

Ob er weiß, dass das Aluminium seines Wagens aus Sierra Leone stammt? Oder dass die elektrischen Kupferleitungen aus Papua-Neuguinea kommen, der Kautschuk seiner Reifen aus Malaysia? Die Sitzauflagen aus Frankreich importiert sind? Die Schmiermittel aus russischem Erdöl hergestellt werden? Chromerze aus Albanien seine Stoßstange glänzen lassen? Die Quarzscheiben tschechischer Herkunft sind und der Lack seinen Glitzereffekt durch indischen Glimmer erhält?

Ob er ahnt, wie viele Nationalitäten an seinem Auto mitgeschraubt haben am Fließband deutscher Autohersteller?

Ob er weiß, wie viele Ärztinnen und Ärzte mit fremden Wurzeln in deutschen Kliniken tagtäglich Kinder, Frauen und Männer operieren und behandeln? Wie viele Pflegekräfte aus dem Ausland rund um die Uhr die Schichten an Werk- und Feiertagen absichern?

Nein, die ganze Wahrheit passt nicht auf seine kleingeistige Heckscheibe.

Wie wäre es damit:

„Ich fahre heute auf Arbeit und ich bin dankbar, dass Reinigungskräfte aus Polen in der Nacht den Flur der Firma gewischt haben, dass vietnamesische Köche mein Kantinenessen kochen, dass ich Arbeit habe und dass wir miteinander in Frieden leben können.“

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg


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