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26.06.2021
Lösung in Sicht

Eine junge Freundin ruft mich an. Mit ihr kann ich super über Gott und die Welt sprechen. Ich erzähle ihr, dass ich demnächst im Rundfunk über Zeilen aus dem Vaterunser, dem ältesten Gebet der Christenheit, nachdenken will. Prima, meint sie. Aber bitte sprich auch über den Schluss in diesem Gebet. Den finde ich unmöglich, ich kann ihn nicht mitbeten. „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ heißt es dort. Glaubst du das? Gott führt absichtlich in Versuchung? Und so einen soll ich Vater nennen? Ein guter Vater oder eine Mutter stellt einem keine Falle. Sie helfen, wenn es dunkel wird, wenn man sich zum Beispiel in einer Spielsucht verfangen hatte oder in unfaire Geldgeschäfte verstrickt ist. Das erwarte ich auch von Gott. Er soll mich nicht in Versuchungen schicken, sondern mir möglichst konkrete Auswege anzeigen. Ich versteh dich, antworte ich meiner Freundin. Viele denken so. Auch Papst Franziskus. Er weist öfter darauf hin, dass es sich um einen Übersetzungsfehler handeln könnte, und es besserheißen sollte: „Lass uns nicht in Versuchung geraten“. Genau, ruft meine Freundin. Aber warum wird der Text nicht geändert? Manchmal ist Kirche so zäh. Es ist doch schade, wenn Menschen sich in vielen ihrer Texte nicht mehr wiederfinden. Wir ändern das, lache ich. Klar.

Pfarrerin Gabriele Herbst aus Magdeburg


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