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16.02.2025
Schuhe ausziehen

Schuhe ausziehen habe ich von Kind auf gelernt, denn der Blick meiner Mutter war unnachahmlich, wenn ich mit morastigen Schuhen direkt in die gute Stube hineinmarschierte. Schuhe putzen war hingegen die Welt meines Vaters, der das mit Perfektion konnte: Schuhe vorher mit Bürsten reinigen, dann die Winterschuhe mit Fischöl einlassen, einziehen lassen und dann mit der scharf riechenden Schuhcreme einreiben. Anders als heute hatten wir nicht viele Schuhe, meist zwei oder drei Paar, die guten Sonntagsschuhe, die sich meist schwer anziehen ließen, weil der Schaft zu eng war, und die Werktagsschuhe. Schuhe ausziehen ist eine Geste, die sehr alt ist und ein Zeichen der Würdigung des Gegenübers. Wenn Mose in der Bibel gesagt wird, dass er die Schuhe ausziehen soll, weil der Ort, auf dem er steht, heilig ist, so heißt das, dass er in unmittelbarer Nähe spürbar vor Gott steht.

Christen aus Eritrea, die bei uns in Halle wohnen, ziehen auch wie Mose ihre Schuhe aus, wenn sie Gottesdienst feiern. Das ist für uns ungewohnt und irritierend– aber für die Mitmenschen aus dem Norden Afrikas ein sichtbares Zeichen, dass sie ihrem Glauben treu bleiben – auch in ihrem neuen Zuhause.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag!

Ihr Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle


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