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04.10.2019
Sieben Säulen sind nicht die ganze Wahrheit

Das Georgium ist eine Parkanlage in Dessau. Es gehört zum Dessau-Wörlitzer-Gartenreich und wurde Ende des 18. Jahrhunderts erbaut. Da gibt es einen Rundtempel und Nachbildungen antiker Torbögen und eine Römische Ruine. Aber diese Ruine ist kein Bauwerk aus der Römerzeit, das leider lange verfallen ist. Nein, es wurde schon als Ruine erbaut. Einfach weil es chic aussieht. Es passte Prinz Johann Georg gut in sein Landschaftskonzept.

So eine römische Ruine macht einfach was her. Italienisches Ambiente.

Die paar Säulen mit einer Art Giebel darüber stehen am Rande der Parkanlage, heute geht eine Verkehrsstraße direkt dort entlang.

Sieben Säulen wird das Bauwerk genannt. Es sieht schön aus. Also ruinenmäßig schön. Ich gehe näher ran. Sechs Säulen stehen längs in einer Reihe.

Links und rechts je eine weitere über Eck.

Moment mal! Sechs Säulen und zwei dahinter? Das macht doch acht!

Wieso heißt das Gebäude: die sieben Säulen? Konnte der Prinz nicht zählen?

Die Begründung ist ganz einfach. Wenn man aus etwas Entfernung schaut, sieht man nur sieben Säulen, denn eine ist immer verdeckt.

So ist das mit manchen Dingen. Das, was man auf den ersten Blick sieht, muss nicht die ganze Wahrheit sein. Manches bleibt dem Auge verborgen, wie die achte Säule.

Und so stehe ich da und schaue auf die alte Ruine. Trotz der Morgenstunde kommt mir ein Abendlied in den Sinn:

„So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehen.“

Es lohnt sich, hinter die Dinge zu gucken. Eine andere Realität für möglich zu halten.

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg


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