05.11.2023
Sonntag
Lieber Gott, ich schreibe dir heute mal einen Brief. Natürlich weißt du ohnehin, was ich denke und fühle, aber der Brief hilft mir, meine eigenen Gedanken zu ordnen.
Heute ist Sonntag, und ich will dir endlich mal danke sagen, dass es den Sonntag gibt. Er ist so eine erholsame Unterbrechung in meinem Alltag.
Den Gottesdienst heute morgen werde ich nutzen, um innezuhalten. Wir werden singen und beten und etwas aus der Bibel hören. Deine Worte werden zu mir sprechen und mir wieder eine andere Perspektive geben auf das, was mein Leben gerade ausmacht. Mal eine Stunde Pause. Eine Stunde darf ich einfach sein, muss nicht nützlich sein oder etwas tun, sondern bin einfach da. Mit dir.
Ein bisschen schlechtes Gewissen habe ich deswegen. Weil ich weiß, dass viele, viele eben nicht Luft holen können. Weil sie keine Pause haben vom Terror, von der Angst, von der Gewalt. Du weißt. Ukraine, Israel, Gaza – so entsetzliches Leid.
Deshalb will ich am Ende vom Gottesdienst auch wieder von mir absehen und gemeinsam mit den anderen im Gebet am Schluss an die denken, die mir besonders auf der Seele liegen. Ich lege sie dir ans Herz
und danke dir nochmals, dass ich das darf: einmal in der Woche einen Cut machen.
Ich brauche das.
Das wollte ich dir sagen. Danke, dass du da bist.
Deine Christina, Pfarrerin in Naumburg