18.05.2023
Vatertag
Heute haben viele frei, um zu feiern – Christi Himmelfahrt steht im Kalender, wird aber meist Vatertag genannt und ist ganz anders als der Muttertag. Männer bleiben gerne unter sich und ziehen mit den Bollerwägen voller gekühlter Flaschen ins Grüne – frohgestimmt und auch laut. Ein Fest von Männern für Männer. Und eigentlich ein Ritual von zur Schau gezeigter Männlichkeit. Dieses Ritual am Vatertag wirkt auf auch auf Männer und um so mehr auf Frauen wenig einladend. Ich will das gerne stehen lassen und nicht moralisieren – und stattdessen gerne an meinen Vater denken. Mein Vater war neben meiner Mutter der wichtigste Mensch für mich – ich sage neben meiner Mutter – nicht über und nicht unter meiner Mutter. Ich bin von Herzen dankbar, dass ich seit meiner Geburt viele, sehr viele und schöne Erinnerungen an meinen Vater habe.
Als wir vor vierzig Jahren aus Siebenbürgen in die Bundesrepublik zogen, saßen wir im IC voller Anspannung, und warteten, anzukommen. Da hatte meine Mutter Tränen in den Augen und sagte: Nun sind wir in einem fremden Land und auf die Güte Fremder angewiesen, die nicht auf uns warten. Und was tat mein Vater: Er zeigte seine beiden schwieligen Hände und faltete sie und sagte: Anna, mit beiden Händen werden wir beten und dann packen wir die Arbeit mit beiden Händen an – und Gott der himmlische Vater wird uns helfen! Und so war es dann auch.
Deswegen fällt es mir leicht, auch Gott als Vater anzusprechen und „Vater unser im Himmel“ zu beten.
Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle