12.04.2022
Vertrauen wagen
Selten hat mich ein Fernsehfilm so beeindruckt wie der unlängst ausgestrahlte Film von Jan Josef Liefers „Honecker und der Pastor“. Der Film spricht vieles an, was mich momentan bewegt. Was ist, wenn Diktaturen zusammenbrechen? Was geschieht mit Herrschern, die Gewalt und Leid, oder im Fall der Ukraine massenhaften Tod über ein Volk brachten? Haben sie noch ein Recht, als Menschen wahrgenommen und vor Lynchmord geschützt zu werden?
Im Film steht das entmachtete DDR-Politikerpaar Margot und Erich Honecker dem Pfarrerehepaar Holmer aus Lobetal gegenüber. Nach dem Mauerfall war es obdachlos geworden. Keiner wollte es aufnehmen. Holmers, die mit ihren zehn Kindern in der DDR selbst viel durchmachen mussten, geben den beiden eine vorübergehende Bleibe, schützen sie vor einer Volksmenge, die sich für massiv erlittenes Unrecht rächen will. Holmers Argument: „Wenn Jesus sagt, dass wir Obdachlose aufnehmen sollen, gehören diese beiden Menschen für mich auch dazu. Ich verabscheue vieles, was sie taten. Aber ich verabscheue sie als Menschen nicht“. Das stößt mir sauer auf! Doch es ist genau das, was Jesus gelehrt und gelebt hat.
Man kann es Entfeindung nennen, weil Jesus auch Feinden Vertrauen entgegenbrachte. Er wusste, was Frau Holmer am Ende des Films so ausdrückt: „Misstrauen vergiftet uns alle. Wenn wir das Vertrauen nicht wiederfinden, gehen wir alle zugrunde“.
Einen guten Tag wünscht ihnen Pfarrerin Gabriele Herbst aus Magdeburg