10.07.2021
Vom Glück frei zu haben
Unvergessen ist mir jener Samstag in Kapstadt vor vielen Jahren. Die muslimische Gastfamilie, bei der unsere jüngste Tochter für ein Schuljahr lang lebte, hatte mich zu einem Ausflug an des Kap der Guten Hoffnung eingeladen. Um 9:00 Uhr waren wir verabredet. Ich war pünktlich. Meine Vorfreude war groß. Die Familie saß noch beim Frühstück. Eine Tasse Kaffee trinken und dann geht es los, dachte ich in meiner mitteleuropäischen Naivität. „Wir machen nur noch kurz sauber“ war der Satz nach dem Frühstück. Und dann ging es los. Das ganze Haus wurde geputzt. Von oben bis unten, ich dachte es wäre der komplette Frühjahrsputz. Nein, sagte meine Tochter, das wird hier jeden Sonnabend gemacht, wenn alle frei haben. Erst 14 Uhr ging es dann los zum Kap der Guten Hoffnung. Und es wurde noch ein wunderschöner Ausflug. Und wie viel Schönes habe ich an diesem Tag noch gesehen: diese Traumstraße entlang des Atlantiks hoch über dem Wasser, die Affen auf unserem Autodach, die Pinguine in Simons Town. Und dann dieser besondere Zeit am Kap. Wenn die Temperaturunterschiede groß sind zwischen dem indischen und dem atlantischen Ozean, dann gibt es diese unendliche Linie, diese Schaumkrone bis zum Horizont, die das kalte vom warmen Wasser trennt. Ein unglaubliches Naturwunder. Es ist ein Glück frei zu haben und Wunder erleben zu können.
Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg