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07.07.2021
Vom Glück gebraucht zu werden

In knapp einem Monat wird sie hundert Jahre alt. Was kann sie alles erzählen. Von den goldenen Zwanzigern ihrer Kindheit, die doch einfach harte Arbeit auf dem Land waren und gar nicht so golden.Vom Krieg und vielen Geflüchteten mit ihrer Suche nach neuer Heimat. Vom kargen Leben in den Nachkriegsjahren. Vom gemeinsamen Mut mit ihrem Mann, ein neues Leben aufzubauen, Kinder zu haben, groß zu ziehen. Das kleinen Haus immer weiter auszubauen. Den großen Garten zu bewirtschaften. Dann sind die Kinder aus dem Haus.Der Mann wird krank, sie pflegt ihn bis zum Schluss. Der Enkel zieht ein. Heiratet, bekommt Kinder, Leben zieht ein. Zweimal wird sie am Herzen operiert. Das Leben hält die alte Dame in Trapp. Sie zieht ins Souterrain. Sie braucht nicht mehr viel Platz. Sie genießt ihr kühles Plätzchen im Haus besonders in den heißen Sommern. Inzwischen ist es ein Viergenerationenhaus. Und sie wird gebraucht immer wieder, immer anders, die alte Dame. Für die Urenkel zum Spielen und Erzählen. Für den Enkel mit ihrem Rat. Für die Tochter zum gemeinsamen Erinnern. Und sie wurde ihr Leben lang gebraucht. Als Ehefrau, als Mutter, als Großmutter und Urgroßmutter, als Nachbarinund Freundin, als Mitglied im Seniorenkreis. Jeden Tag geht sie tapfer den Weg zum Briefkastenden, langen Weg bis zum Gartentor. Sie will fit bleiben. Es ist ein Glück, gebraucht zu werden. Jeder von uns wird gebraucht. Auf seine Weise.

Das tut gut zu wissen meint Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg


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