21.02.2022
Wie wollen wir miteinander umgehen?
„Halt Abstand, blöde Kuh!“
ruft es hinter mir auf dem Supermarktparkplatz.
Und es war kein junger Mann, sondern eine ältere Frau.
Einen Meter entfernt war ich schnell an ihr vorübergegangen.
Bezog sich ihr Satz auf meinen Abstand oder vielleicht doch auf die Maske, die ich noch trug?
Ich weiß es nicht.
Ich bin immer wieder erschrocken darüber, wie bösartig oft der Ton in der Öffentlichkeit geworden ist.
Ich habe noch mit vielen anderen Menschen an diesem Tag gesprochen.
Ich konnte es verkraften.
Aber wie schlimm wäre solch ein Satz für einen Menschen gewesen, der nur beim Einkaufen jemand trifft der mit ihm redet?
Aber das ist alles nichts gegen das, was dem Bürgermeister von Halberstadt vor einer Woche passiert ist.
700 gröhlende Menschen vor seinem Privathaus, mit Fackeln, Trommeln und Bengalos zu sehen.
Eine Drohkulisse zum Fürchten.
Sie wollen vor allem eines: drohen.
Der Weg zu Übergriffen nicht mehr weit.
Am schlimmsten finde ich den Hass, der aus dem Gröhlen heraus geradezu körperlich zu spüren ist.
Wo sind wir hingekommen in unserer Gesellschaft?
Der Bundespräsident mahnt zu recht klar und deutlich in seiner Dankesrede in der Bundesversammlung die Demokratie zu schützen. Eine bessere Staatsform haben wir nicht.
Protest und Kritik gehören an die richtige Stelle.
Wir alle müssen uns schützend vor die Menschen stellen, die für uns Verantwortung übernehmen.
Der Bürgermeister von Halberstadt hat meine volle Solidarität.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schlimm schon eine vor Haß gröhlende Stimme vor dem Privatwohnhaus ist.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Wir schützen unsere Demokratie auch mit unserem Ton
und unserer Art und Weise miteinander zu reden.
Höflichkeit und Wahrung der Menschenwürde ist ein Anfang.
Da kann jeder mitmachen
meint
Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg