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07.12.2023
... die Anerkennung als Gleicher

Es war der 7. Dezember im Revolutions-Herbst 1989: In Berlin kam der Zentrale Runde Tisch der DDR zusammen: 38 Frauen und Männer, 19 von den alten Kräften, wie SED, CDU, und 19 von den neuen Kräften. In dieser ersten Sitzung wurde beschlossen, eine Verfassung für eine neue DDR auszuarbeiten. Ein Vierteljahr später war die Arbeit beendet. Das Werk war angelehnt an das Grundgesetz – und ging darüber hinaus. Artikel 1 war identisch: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dann folgt ein Satz, den es im Grundgesetz nicht gibt: „Jeder schuldet jedem die Anerkennung als Gleicher.“ Damit wurde eine solidarische Gesellschaft in alle Hände gelegt. Es war genau das, wozu wir uns in diesem Herbst erst in den Kirchen verständigt und was wir bei den Demos erlebt hatten: Respekt. Jede und jeder traute sich gegenseitig zu, diese Gesellschaft zu bauen. So verschieden wir auch sein mochten.

Ein großer Wurf, dieser Verfassungsentwurf. Aber er hat keinerlei Rolle gespielt. Er wurde von der Eile, mit der es auf die Deutsche Einheit zuging, überrollt: Die Volkskammer hat sich nicht damit befasst, die Bundesregierung sich nicht interessiert. Dabei war hier wie in einem Brennglas zusammengefasst, was uns zu dieser Revolution getrieben hatte, welche Sehnsüchte sich damit verbanden. Aber auch das spielte schon bald keine Rolle mehr. Die Bundesrepublik war kurz euphorisiert von der Revolution, war aber bald wieder ganz mit sich zufrieden. Aber dieser Satz, der geht mir nicht aus dem Kopf: „Jeder schuldet jedem die Anerkennung als Gleicher.“ Ob der nun in der Verfassung steht oder nicht, es liegt an uns, ob wir ihn mit Leben füllen.

Einen guten Tag wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach. ^


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