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03.02.2023
Duftendes Brot

Jürgen hat sich von Jugend an für die Natur engagiert – schon aus Opposition zum Vater. Hat eine Umweltgruppe gegründet, sich mit den Behörden angelegt, auch wenn ihm klar war, dass seine Stasi-Akte dabei wächst. Aber ihm war das gerade recht.

Kein echtes Engagement ohne Widerstand.

Jürgen war einer, der daran gewachsen ist. Verseuchte Teiche, kontaminierte LPG-Böden – er hat sie öffentlich gemacht. Hat Bäume gepflanzt und in kirchlichen Jugendgruppen aufgeklärt, wie man Wasser spart und Strom.

Und er hat seine Heimat erforscht. Darüber seine Frau gefunden. Sie haben angefangen, Botanik zu studieren. Haben sich vernetzt, eigene Forschungen angestellt. Und sie haben gebetet. Das war die einzig logische Konsequenz aus allem. Den suchen, der die Welt erschaffen hat, komplex und wunderschön.

Die kleine Firma hat beide nach der Wende gut ernährt.

Kurz vor dem Ruhestand stolpert das Herz. Krankenhaus, Reha. Schwerbehinderung.

Er versteht die Welt nicht mehr. Der Himmel ist leer.

Nachts träumt er, dass er durch das blaue Orbit fliegt, wie ein Astronaut, der seine Raumkapsel verloren hat. Er sieht die Planeten und die unendliche Schönheit. Wie lange kann man den Atem anhalten?

Er fühlt etwas Warmes an der Seite. Ein Engel gibt ihm Wein und ein duftendes Brot.

Jürgen wacht auf.

Der Wein ist süß auf dem Gaumen.

Verrückt, dass er es schmecken kann – im Bett in der Klinik am frühen Morgen.

Die Schwester kommt. „Heute hat er rosa Wangen, wie schön! Einen wunderbaren guten Morgen!“ Sagt sie und zieht die Gardinen auf.

Ulrike Greim, Weimar


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