12.09.2018
Eine weise Entscheidung
Ich bin einem weisen Mann begegnet. Könnte sein, Sie denken jetzt an einen, an dem alles irgendwie lang ist: langes Leben, lange Haare, langes Gewand, lange Reden – so eine Art Einsiedler oder Philosoph vielleicht. Weit gefehlt. Der Mann an den ich denke, hat Glatze, trägt meist einen Blaumann und hat ölverschmierte Hände. Er ist an die 60, hat eine eigene Werkstatt. Läuft, würden wir sagen. Dann geht es seiner Frau nicht gut, sie muss kürzer treten, Pause machen. Kaum wieder auf den Beinen, ging es … nein, es ging nicht weiter wie bisher. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“, sagt die Bibel. „Weisheit erwerben ist besser als Gold und Einsicht erwerben edler als Silber.“
Der Mann und seine Frau haben – wie man so sagt – „den Knall gehört“. Damit es möglichst noch lange weitergeht, sollte es eben kein „weiter so“ geben. Ein Jahr später ist die Werkstatt abgegeben – an einen Mitarbeiter. Alles war neu zu ordnen, ein gutes Stück Arbeit, aber nicht Knall auf Fall, sondern überlegt und unaufgeregt. Alle scheinen zufrieden: Die Werkstatt ist nicht in fremden, sondern in besten Händen, der junge Mann kann sich eine eigene Existenz aufbauen, Arbeit ist noch genug, aber anders, Ballast ist abgeworfen – das macht freier für das, was den beiden wirklich wichtig ist, sie selbst, Kinder und Enkel. Eine rundum weise Entscheidung
findet Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.
