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10.07.2017
Er ist wie du

Ein Sozialarbeiter und ein Häftling sitzen einander gegenüber. „Wie ist denn das passiert als sie den anderen niedergeschlagen haben?“ fragt der Sozialarbeiter. „Ja, der hat mich so komisch angeschaut“ sagt der junge Mann und knetet seine Finger. „Aber da war aber ein paar Wochen später noch mal so ein Fall, wie ging das?“ „Ja, der hat mich ignoriert.“
Der Sozialarbeiter atmet tief durch. Hier sitzt ein junger verunsicherter Mann. Er denkt, dass alle Welt gegen ihn ist. Jeder Mensch, der ihn anschaut. Egal wie. Er kann es nicht zuordnen. Er denkt, der hat etwas gegen ihn. Konnte der junge Mann nicht früher lernen, dass Leute so sind? Dass die einen komisch gucken, oder auch normal, der eine desinteressiert, der andere freundlich? Dass die einen gefährlich sind, die allermeisten aber völlig ungefährlich? Dieser junge Mann kann das nicht unterscheiden.
Kann man umlernen? Aber ja.
Sie trainieren das. Erst mit Fotos, später in einer Gruppe. Was ist das für einer. „Der ist ein Radikaler“. „Warum?“ fragt der Sozialarbeiter, „Weil er grimmig guckt? Vielleicht hat er aber auch nur eine Beule am Auto“. „Ja, kann auch sein.“ Wie guckst du, wenn du eine Beule am Auto hast?“ „Ja, schon so ähnlich.“ „Warum?“ „Na weil das Scheiße ist. Hast ne Menge Lauferei.“ „Eben.“
Zentimeterweise lernt der junge Mann, sich zu fühlen. Was ist Zorn. Was ist Angst. Was ist Hilflosigkeit. Und dann wird es leichter.
Dein Mitmensch ist wie du. Geh respektvoll mit ihm um.
So sagt es Jesus. So lernt es der junge Mann.
Gut, dass man das trainieren kann. Findet Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.


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